Happy Burnout

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Langeweile in der Landklinik

Was ist ein Happy Burnout? Zunächst einmal ist der Filmtitel dieser deutschen Komödie ein Widerspruch in sich und damit ein Blickfang. Beim Betrachten des Films wird schnell deutlich, dass ihm selbst ein gravierender Widerspruch anhaftet. Einerseits scheint er nämlich allein aus kommerziellem Kalkül entstanden zu sein, andererseits aber gibt er sich auffällig wenig Mühe, zu unterhalten.
Fussel (Wotan Wilke Möhring) ist ein 44-jähriger Großstadtpunk, dem der Sinn nicht nach einer geregelten Erwerbstätigkeit steht. Den Spitznamen bekam er als Teenager aufgrund seines spärlichen Bartwuchses. Fussel bezieht Hartz-4-Leistungen, seit es sie gibt, und Frau Linde (Victoria Trauttmansdorff) vom Arbeitsamt lässt sich gerne um den Finger wickeln mit Geschichten über sein selbstloses Engagement, zum Beispiel für das Flüchtlingskind Ali. Doch nun steht eine interne Revision beim Amt an und Fussel muss schleunigst aus der Schusslinie gezogen werden. Auch im eigenen Interesse besorgt ihm Frau Linde ein psychiatrisches Attest. Fussel leidet demnach an schwerem Burnout und muss sofort eine sechswöchige Kliniktherapie beginnen.

Schon die erste Begegnung mit der nicht zu Scherzen aufgelegten Fachkraft Alexandra (Anke Engelke) in der idyllisch auf dem Lande gelegenen Berghofklinik lässt Erinnerungen an Einer flog über das Kuckucksnest wach werden. Die strenge Mitarbeiterin leitet den Stuhlkreis der Gruppentherapie wie die böse Schwester Ratched in Milos Formans Klassiker. Und Fussel schickt sich mit seiner rebellischen Art auch sofort an, in die Fußstapfen des von Jack Nicholson gespielten Charakters McMurphy zu treten. Er veranstaltet ein Fußballspiel in der Parkanlage, um die Leute zur Eigeninitiative zu animieren. Weil die Nervenbündel um ihn herum aber Angst haben, holt er ihnen dicke ballförmige Luftkissen, die sie um den Körper legen können. Nun laufen die Burnout-Patienten wie wandelnde Riesenbälle über den Rasen und beginnen sich sogar zu kugeln, was allen viel Spaß macht und auch so aussieht.

Das Spiel gefällt auch Alexandra und der Ärztin Dr. Gunst (Ulrike Krumbiegel), die zuschauen. Die Kuckucksnest-Anspielungen verpuffen also und das Projekt entwickelt sich zur launigen Wohlfühlkomödie, die sehr schematisch verläuft. Die Ärztin beschließt, Fussel arbeiten zu lassen. Sie hat längst erkannt, dass der Mann simuliert, und will, dass er auf die Patienten zugeht, ihnen zuhört, weil die Klinik für menschliche Zuwendung irgendwie zu wenig Personal habe. Ach, ist es jetzt schon so weit, dass Sanatorien ihre kassenfinanzierten Therapien von Laien durchführen lassen müssen? Die Idee mit dem Personalmangel wirkt immer glaubwürdig, werden sich Regisseur André Erkau und Drehbuchautor Gernot Gricksch gesagt haben, die bei Das Leben ist nichts für Feiglinge mehr Inspiration bewiesen.

Fussel sorgt also für ein neues Gemeinschaftsgefühl unter den Patienten. Zu ihnen gehören Merle (Julia Koschitz), die gestresste Mutter von vier Kindern, der schwule Bauchredner Datty (Kostja Ullmann) mit seiner Puppe, der Solariumbetreiber Günther (Michael Wittenborn) mit den hässlichen Wunden im Gesicht und der jungunternehmerische Anzugträger Anatol (Torben Liebrecht). Nur, welches persönliche Problem könnte Fussel haben, um wie die anderen eine Entwicklung zu durchlaufen? Da würde es sich doch anbieten, ihm eine vernachlässigte Tochter anzudichten, um die er sich kümmern muss.

Die Charaktere kommen nicht wirklich dazu, über das Marionettenhafte hinauszuwachsen. Selbst Fussels Punkattitüde bezieht ihre Glaubwürdigkeit hauptsächlich aus der Musikbegleitung, die seinen Schritten rockige Energie einflößt. Wotan Wilke Möhring lächelt während seiner Dialogzeilen manchmal ironisch-belustigt und es bleibt unklar, was ihn erheitert. Vor lauter Klischees im Kopf haben die Macher dieser Komödie nämlich völlig vergessen, auf eine lebendige, spannungsgeladene Handlung zu achten. Auch eine Form von Burnout, und zwar keine glückliche.

Happy Burnout

Was ist ein Happy Burnout? Zunächst einmal ist der Filmtitel dieser deutschen Komödie ein Widerspruch in sich und damit ein Blickfang. Beim Betrachten des Films wird schnell deutlich, dass ihm selbst ein gravierender Widerspruch anhaftet. Einerseits scheint er nämlich allein aus kommerziellem Kalkül entstanden zu sein, andererseits aber gibt er sich auffällig wenig Mühe, zu unterhalten.
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