God Help the Girl

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Coming-of-age-Musical

Dass God Help the Girl sich anfühlt wie ein Film gewordenes Konzeptalbum, kommt nicht von ungefähr. Denn tatsächlich war genau das die erste Intention des Debütfilmers Stuart Murdoch, der als Mastermind und Sänger der schottischen Indie-Popper Belle & Sebastian eher in der Musik als im Film zuhause ist. Im Jahre 2004 begann er mit dem Schreiben von Songs für ein Projekt, das den Namen God Help the Girl trug und in dem er Szenen aus dem Leben eines Mädchens erzählen wollte. Weil er aber der Meinung war, dass die Stücke besser von weiblichen Stimmen gesungen werden sollten und weil ihn zwei Jahre zuvor die Sängerin Isobel Campbell Belle & Sebastian verlassen hatte, sollte es eine Weile dauern, bis das Album schließlich im Jahre 2009 zur Veröffentlichung kam. Damit aber war die Idee hinter den Songs noch lange nicht ausgereizt. Über die Crowdfunding-Plattform kickstarter.com sammelte Murdoch das nötige Kleingeld für einen Film, der die Geschichten der Songs in eine Story übersetzen sollte und realisierte so sein filmisches Debüt, das seine Weltpremiere 2014 beim Filmfestival in Sundance feiern konnte und wenige Wochen später bei der Berlinale erstmals in Europa gezeigt wurde.
Im Mittelpunkt der Story steht die jugendliche Tagträumerin Eve (Emily Browning), die aufgrund von nicht näher benannten psychischen Problemen und Essstörungen in einer psychiatrischen Klinik lebt. Was sie bewegt, das fasst sie in Songs, denn Musik ist ihre Leidenschaft. Und wenn alles gut läuft, so hofft sie, wird sie eines Tages mit ihren Kompositionen erfolgreich sein. Als sie sich wieder einmal unerlaubterweise aus der Klinik begibt, um auf ein Konzert zu gehen, lernt sie dort zwei Musiker kennen: Den überaus selbstbewussten Anton (Pierre Boulanger) und den schüchternen James (Olly Alexander). Während die Absichten des ersteren schnell klar sind, entwickelt sich mit James eine zarte Freundschaft, die die beiden schließlich sogar zu Mitbewohnern macht. Mit James‘ Bekannter Cassie (Hannah Murray) gründen die beiden dann eine Band – und plötzlich sind die Tagträume Eves zum Greifen nahe. Doch da ist ja noch Anton und die Erkenntnis, dass die junge Frau selbst über ihren weiteren Weg entscheiden muss…

Es ist die Musik, so hat es sich Eve in den Kopf gesetzt, die ihr dabei helfen wird, ihre inneren Verletzungen zu überwinden. Und so ist es kein Wunder, dass die Musik, die Songs hier im Mittelpunkt stehen und einen Gutteil des Charmes ausmachen, den God Help the Girl unbestreitbar besitzt. Wer die Lieder von Belle & Sebastian kennt, wird unschwer die Handschrift und Melodieführung Murdochs erkennen, selbst wenn hier weibliche Stimmen eine leicht veränderte Tonalität anschlagen.

Zugleich aber ist diese Fixierung auf die Musik nicht nur die größte Stärke des Films, sondern zugleich auch eine unübersehbare Schwäche. Mitunter wirken die Handlung und die Figuren so lässig hingetupft und psychologisch wenig ausgefeilt, dass das schon gehörig an der Glaubwürdigkeit der Geschichte knabbert. Viel eher erscheint God Help the Girl trotz aller behaupteten Probleme, die freilich niemals genauer ausgeführt werden, wie ein leuchtend-buntes Popmärchen, das vor allem musikalisch, nicht aber dramaturgisch überzeugen kann. Eine Nummernrevue, bei der die Handlung allenfalls provisorische Brücken von einem Song zum nächsten schlagen will. Bei aller Sympathie für Eves Träumereien – für sie mag die Musik zwar ein Allheilmittel sein, für den Film selbst lässt sich das allerdings nicht behaupten.

God Help the Girl

Dass „God Help the Girl“ sich anfühlt wie ein Film gewordenes Konzeptalbum, kommt nicht von ungefähr. Denn tatsächlich war genau das die erste Intention des Debütfilmers Stuart Murdoch, der als Mastermind und Sänger der schottischen Indie-Popper „Belle & Sebastian“ eher in der Musik als im Film zuhause ist.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen