Ewige Jugend (2015)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Was am Ende übrig bleibt...

Spätestens seit dem Gewinn des Oscars für den besten nicht-englischsprachigen Film gehört Paolo Sorrentino zu den großen zeitgenössischen Regisseuren Italiens und nicht wenige Experten sehen in ihm einen Wahlverwandten des großen Federico Fellini. Auch in seinem neuen Werk Ewige Jugend, das 2015 beim Filmfestival in Cannes im Wettbewerb zu sehen war, sind der Geist und der Einfluss des Altmeisters in zahlreichen Einstellungen, in den Settings und der Auswahl der Drehorte deutlich zu spüren. Das Ergebnis ist ein Film, der rein ästhetisch mit zu den schönsten und elegantesten Kinoerfahrungen dieses Jahres zählen dürfte. Zugleich aber ist in diesem Film auch eine Tonalität zu spüren, die zeigt, dass sich Sorrentinos Entwicklung als Filmemacher möglicherweise in eine Sackgasse bewegt.

Fred (Michael Caine) und Mick (Harvey Keitel) sind beide um die Achtzig und haben sich in ein nobles Hotel mit angeschlossenem Kurbetrieb irgendwo in die Bergen zurückgezogen. Während der Komponist Fred seine aktive Karriere längst beendet hat, bereitet Mick gerade mit einem Team von Drehbuchautoren seinen mutmaßlich letzten Film vor, der noch einmal eine Summe seines Schaffens werden soll. Dann erscheint ein Abgesandter der britischen Königin und trägt Fred an, für die Queen noch ein letztes Mal ans Dirigentenpult zu treten, um seine „Simple Songs“ zusammen mit einer berühmten Sängerin zum Geburtstag von Prinz Philipp darzubieten. Doch der Komponist lehnt dieses ehrenvolle Ansinnen ab und muss sich fortan immer wieder mit dem hartnäckigen royalen Emissär auseinandersetzen, der natürlich nicht locker lässt. Als dann auch noch seine vom Liebeskummer geplagte Tochter Leda (Rachel Weisz) in dem Hotel auftaucht, das neben den beiden älteren Herren einen jungen Schauspieler (Paul Dano), ein schweigsames Ehepaar, den echten Diego Armando Maradona und etliche andere skurrile Gäste beherbergt, ist es mit der vermeintlichen Ruhe vorbei.

Wer in Ewige Jugend vor allem „La grande bellezza — Next generation“ sieht, tut dem Film unrecht. Natürlich erkennt man Sorrentinos Handschrift aus dem hinreißenden Vorgänger sofort. Das Schwelgen in langsamen Kamerabewegungen und skurril aufgebauten Tableaus, kombiniert mit sorgfältig ausgewählter, vor allem klassischer Musik, treibt er in seinem neuen Film noch ein wenig weiter als zuvor und läuft damit Gefahr, reines l’art pour l’art zu produzieren. Schöne und erlesene Bilder also, die vor allem zu einem reinen Selbstzweck geworden sind, dem sich der Inhalt der Geschichte häufig unterordnen muss. Man kann darin eine gewisse Selbstverliebtheit erkennen – oder auch einen Stilwillen und eine Handschrift, die sich in den letzten Jahren immer weiter verfestigt hat.

Und wer La grande bellezza — Die große Schönheit mochte, wird allein deshalb Ewige Jugend nicht unbedingt lieben. Zwar lassen sich zahlreiche stilistische und inhaltliche Ähnlichkeiten finden, abermals werden die großen Themen Altern, Liebe und der nahende Tod behandelt. Doch die Vitalität des Rom-Filmes ist nun einer sehr viel schärferen Müdigkeit gewichen, einer Resignation, die angesichts der doch recht komfortablen Lage der beiden Protagonisten ein wenig larmoyant klingt. Während Jeb Gambardella in La grande bellezza sein Leben tatsächlich in den Sand gesetzt hat (wenngleich auch auf recht hohem Niveau), können Fred und Mick auf eine erfüllte Karriere und ein ebensolches Leben zurückblicken, sie genießen auch heute noch Privilegien, von denen die meisten Menschen nur träumen können.

Auch wenn der Filmemacher gerade erst 45 Jahre alt geworden ist, haftet diesem Film schon etwas deutlich Altmeisterliches an, eine Könnerschaft und Selbstgewissheit, die man so bei einem Filmemacher dieses noch jungen Alters eher selten findet. Doch seine erlesenen Bilder und Kompositionen zeigen auch eine Schönheit, der die Zeichen der Vergänglichkeit schon deutlich mit eingeschrieben sind. Eine Schönheit, die im Stillstand erstarrt ist und die damit deutlich an das Ende, von allem den Tod, erinnert. Und das hinterlässt dann doch ein deutlich ambivalentes Gefühl.
 

Ewige Jugend (2015)

Spätestens seit dem Gewinn des Oscars für den besten nicht-englischsprachigen Film gehört Paolo Sorrentino zu den großen zeitgenössischen Regisseuren Italiens und nicht wenige Experten sehen in ihm einen Wahlverwandten des großen Federico Fellini.

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Meinungen

Martin Zopick · 11.03.2023

Der Titel kommt denen entgegen, die dem heutigen Jugendwahn huldigen. Der Inhalt des Films kommt sehr philosophisch daher mit Ausflügen ins Surrealistische und landet am Ende mit einer einfachen Feststellung: Die ewige Jugend gibt es nur in der Erinnerung.
Aber bis es soweit ist, wird sehr komplex erzählt, was sich in einem Luxussanatorium in der Schweiz abspielt oder auch nicht abspielt.
Es wird nicht gradlinig erzählt, sondern der Handlungsverlauf ähnelt eher dem Flug einer Hummel, die zwar ein Ziel verfolgt aber immer wieder mal hier mal da Station macht. Mal eine Blume Vater-Tochter besucht (Michael Caine + Rachel Weisz) mal eine uralte Männerfreundschaft aufnimmt (Michael Caine + Harvey Keitel), dann wird wieder ein Konzertauftrag der Queen beantragt oder einfach eine Moorpackung mit Aussprache heimsucht. Dazwischen gibt es lange Gespräche über Film und Musik. Und ein ganz Superfetter soll Diego Maradonna sein. Und natürlich wird man optisch dem Titel gerecht, indem man Miss Universum vorführt (Madalina Diana Ghenea). Überraschenderweise ist sie nicht nur wunderschön…
Die beiden Protagonisten Caine und Keitel tragen den Film und nehmen ihm seine offenkundigen Längen. Da werden auch schon mal Altherren Probleme bezüglich der Prostata erörtert. Die beiden machen aus einem kurzen Dialog eine Fundgrube von Emotionen, bringen karge Satzfetzen zum Leuchten -‘Wie geht’s?‘ – ‘Es geht, aber ich weiß nicht wohin?‘ Ein Highlight ist der niederschmetternde Dialog zwischen Harvey und Jane Fonda. Daraus zieht er die Konsequenzen d.h. die persönliche Notbremse.
Nach all den wunderschönen Landschaftaufnahmen beschließt ein versöhnliches Konzert den Film und lässt den Zuschauer nachdenklich zurück.

Sylvia · 23.08.2021

Leider ein Reinfall. Ich habe bis zum Ende geschaut, weil ich hoffte, dass er besser wird oder verständlicher. Geschmäcker sind verschieden, mein Geschmack war er nicht!

Wolfgang Schachinger · 02.09.2020

Ein unerträglicher Stumpfsinn.

J. Flash · 26.02.2016

Ein großer Film!

elke widmann · 05.02.2016

wie zum teufel kann man nun karten für diesen film kaufen !!

Anett · 20.01.2016

Kann mich der Meinung von Hansi 100% nur anschließen. Sicherlich alles Geschmacks- bzw. Ansichtssache wie man einen Film für sich beurteilt. Dieser Film hat mich in keinster Weise berührt sondern nur nervig aufgebracht. Teilweise so ein chaotisches Durcheinander, daß ich erstmalig drauf und dran war, einen Film mir nicht bis zum Ende anzuschauen.

Bine · 17.01.2016

Ein außergewöhnlicher Film! Großartige Kulisse, schöne Bilder und jede Rolle, auch die kleinste Nebenrolle, perfekt besetzt. Inhaltlich werden neben Freundschaft und Tod auch zahlreiche andere Themen beleuchtet, die reichlich Stoff zum Nachdenken liefern, wenn man das möchte.
Für mich ein Film, den ich zweimal sehen musste.

Hansi · 31.12.2015

"reines l'art pour l'art" trifft es eigentlich sehr gut: Der Film ist eine Sammlung von zum Teil recht belanglosen Dialogen, Szenen ohne Dialog und Handlung, und erzählt nur so am Rande eine Geschichte. Wenn es schon so etwas wie einen roten Faden in der Handlung nicht gibt, sollte doch wenigsten die Atmosphäre/die Stimmung eines Filmes einen packen, hat mich in diesem Fall aber nicht; Belanglosigkeiten, wie z.B. wer wann wieviel gepullert hat, habe ich schon als Stimmungskiller empfunden. Mein Urteil: Ein langatmiger, verkopfter Film (2 von 5 Sternen).