Elliot, der Drache (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Es lebe die Nostalgie!

Remakes, wohin man schaut. Bei all den Neuauflagen, die gefühlt im Tagesrhythmus angekündigt werden, kann man schon mal den Überblick verlieren. Kein altes Werk – so scheint es – ist vor einer Auffrischung gefeit, da Hollywood auf der Suche nach profitablen Stoffen jeden noch so kleinen Stein der Filmgeschichte umdreht. Erwischt hat es nun auch das Disney-Familienabenteuer Elliot, das Schmunzelmonster, eine Mischung aus Real- und Trickfilm mit Musical-Einlagen, die 1977 ins Kino kam. Glücklicherweise verlassen sich die Macher rund um Independent-Regisseur David Lowery allerdings nicht auf eine bloße Neuinterpretation, sondern nehmen die Prämisse – ein Waisenjunge und ein Drache werden dicke Freunde – vielmehr als Ausgangspunkt für eine eigenständige Geschichte. Verwundern muss es daher nicht, dass der jetzige Film – zumindest im deutschen Sprachraum – einen abgewandelten Titel trägt.

Erzählt wird in Elliot, der Drache vom kleinen Pete (Levi Alexander), der seine Eltern bei einem Ausflug in die Wälder des Pazifischen Nordwestens durch einen Autounfall verliert. Er selbst bleibt auf wundersame Weise unverletzt und schlägt sich verängstigt durch das Dickicht, wo er nur wenig später einem riesigen Drachen begegnet, der sich als lustiger Spielkamerad erweist. Pete passt sich mehr und mehr an die ihn umgebende Wildnis an und albert auch Jahre später – nun gespielt von Oakes Fegley – mit dem flauschigen Flugwesen herum, das er auf den Namen Elliot getauft hat. Gestört wird ihr unbeschwertes Dasein, als die Arbeiter des örtlichen Sägewerks in der Nähe ihrer Höhle mit dem Abholzen der Bäume beginnen und die Försterin Grace (Bryce Dallas Howard) und ihre Stieftochter Natalie (Oona Laurence) auf das wilde Waisenkind aufmerksam werden. Mit einem Mal steht der Junge vor der Frage, ob die tiefen Wälder wirklich der richtige Lebensraum für einen Menschen sind.

Die Beziehung zwischen Pete und seinem großen Freund Elliot ist von echter Zuneigung geprägt und erinnert sicherlich nicht zufällig an das vertrauensvolle Verhältnis zwischen dem kleinen Protagonisten und dem knuffigen Weltraum-Geschöpf in Steven Spielbergs E.T. – Der Außerirdische. Als wichtigste Inspirationsquelle diente Lowery offenkundig das Familien- und Abenteuerkino der 1980er Jahre. Schon in seiner melancholischen Gangsterballade Ain’t Them Bodies Saints bewies der US-Filmemacher ein Gespür für eindringliche Stimmungen, das auch in Elliot, der Drache nachhaltig zum Tragen kommt. Im Gegensatz zu vielen lauten und hektischen Studioproduktionen der heutigen Zeit beschwört der mit Fantasy- und Märchenelementen angereicherte Coming-of-Age-Film eine liebevoll-nostalgische Atmosphäre, die Lowery als „magischen Realismus“ bezeichnet. Dank überzeugender Animationsarbeit tritt uns das titelgebende Fabeltier als echt wirkendes Lebewesen entgegen, dessen Behaarung beim Zuschauer den Wunsch weckt, durch die Leinwand hindurchzugreifen und das weiche Fell zu streicheln. In der präzisen Mimik des Drachen, der als grüner Bruder von Fuchur aus Die unendliche Geschichte durchgehen könnte, kommen seine Empfindungen ausdrucksstark zur Geltung, weshalb der Film die innige Verbindung zu Pete – auch ohne Sprache – glaubwürdig vermittelt. Passend zum altmodischen Anstrich betont das Drehbuch ständig, wie wertvoll – gerade für Kinder – die unbändige Kraft der Fantasie sein kann. Verkörpert wird diese Einstellung von Graces Vater Mr. Meacham, den Hollywood-Legende Robert Redford mit einer warmherzig-einfühlsamen Ausstrahlung versieht.

Die Geschichte, die Lowery und Koautor Toby Halbrooks um die Grundidee des Disney-Films von 1977 spinnen, ist sicherlich – vor allem in der Beschreibung der antagonistischen Kräfte – nicht sonderlich originell und hätte in den Momenten, die den Zusammenstoß von Wildnis-Mentalität und zivilisierter Welt veranschaulichen, ruhig etwas tiefer schürfen können. Die liebevoll gezeichneten Hauptfiguren, einige spektakuläre Flugeinlagen über die schier endlose Waldlandschaft und die ehrlichen Emotionen, die Elliot, der Drache immer wieder erzeugt, sorgen jedoch für mitreißende Familienunterhaltung. Alles gut soweit, wenn sich Lowery gegen Ende nicht bemüßigt fühlen würde, eine andere Gangart einzulegen. Ohne Not wird plötzlich ein irritierend actionhaltiger Showdown aus dem Boden gestampft, der die vorher aufgebaute magische Aura zumindest teilweise untergräbt. Übertrieben heimelig wirken dann wiederum die Schlussakkorde, die der lange Zeit charmante und angenehm zurückhaltend erzählte Film in dieser Form nicht gebraucht hätte.
 

Elliot, der Drache (2016)

Remakes, wohin man schaut. Bei all den Neuauflagen, die gefühlt im Tagesrhythmus angekündigt werden, kann man schon mal den Überblick verlieren. Kein altes Werk – so scheint es – ist vor einer Auffrischung gefeit, da Hollywood auf der Suche nach profitablen Stoffen jeden noch so kleinen Stein der Filmgeschichte umdreht. Erwischt hat es nun auch das Disney-Familienabenteuer „Elliot, das Schmunzelmonster“, eine Mischung aus Real- und Trickfilm mit Musical-Einlagen, die 1977 ins Kino kam.

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