Die Kunst des Liebens

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ich bin dein größter Fan

Will man den Plot einer klassischen Screwball Comedy wie Sein Mädchen für besondere Fälle (His Girl Friday, 1940) zusammenfassen, wird man rasch feststellen, wie mühsam das ist. Denn diese Spielart der Komödie ist auf Zelluloid gebanntes (Gefühls-)Chaos, das man am besten genießen kann, wenn man die Logik-Brille beiseitelegt, um sich von der Eleganz der Inszenierung, der Qualität des Schauspiels sowie dem Witz der Dialoge begeistern zu lassen. Dies trifft auch auf Die Kunst des Liebens (Posthumous) zu: Das Langfilmdebüt der Regisseurin und Drehbuchautorin Lulu Wang ist verschroben, absurd – und auf clevere Weise äußerst vergnüglich.
Die Geschichte spielt in Berlin. Im Zentrum steht zum einen der britische Künstler Liam Price (Jack Huston), der sich – wie jede Künstlerseele – von allen missverstanden fühlt, zum anderen die US-Journalistin McKenzie Grain (Brit Marling), die ihren als Kunstberater tätigen Verlobten Erik Alder (Alexander Fehling) für ein mehrwöchiges Projekt nach Deutschland begleitet hat. Sie residiert mit ihm in einem Luxushotel, ehe es zurück nach New York gehen soll, wo Erik gerade eine „spektakuläre Fünf-Zimmer-Wohnung“ gekauft hat. Eine Verwechslung führt dazu, dass Liam plötzlich für tot gehalten wird; und obwohl der Galeriebesitzer Daniel (Lambert Wilson) den Irrtum alsbald bemerkt, lässt er sich von Liam dazu überreden, die (Kunst-)Welt nicht sofort aufzuklären, sondern eine posthume Ausstellung zu organisieren. Tatsächlich erhält Liams Œuvre nun Wertschätzung in der Branche – und weckt McKenzies Interesse. Als Liam sich ihr gegenüber als sein eigener Bruder ausgibt, kommt McKenzie schnell hinter den Schwindel, spielt das Spiel aber amüsiert mit. Es dauert nicht lange, bis sich amouröse Gefühle zwischen den beiden entwickeln.

Ist das Ganze vorhersehbar? Gewiss! Ist es deshalb langweilig? Zu keiner Sekunde! Dazu trägt in hohem Maße das reizvoll zusammengestellte Ensemble bei. Brit Marling – bisher überwiegend in ernsthaften Stoffen wie Another Earth oder The East zu sehen – erweist sich als ausgezeichnete Komödienakteurin, der man als Zuschauer_in schon nach wenigen Filmminuten uneingeschränkte Sympathie entgegenbringt. Sie verfügt über subtile Körperkomik und natürlichen Charme – womit sie ganz in der Tradition einstiger Hollywood-Heldinnen wie Rosalind Russell steht. Nicht minder charismatisch ist Jack Huston als Bohemien, der sich trotz seines Daseins als ‚hungernder Künstler‘ ein hippes Atelier sowie fesche Jacketts leisten kann und seine Arbeit am liebsten im schicken, strahlend weißen Hemd verrichtet (Verzeihung – runter mit der Logik-Brille!). Die Chemie zwischen Marling und Huston stimmt; hinzu kommt Alexander Fehling als ‚Dritter im Bunde‘, der seinen Part mit der nötigen Glätte verkörpert, ohne dabei gänzlich unattraktiv zu werden. Mit Tom Schilling (als Galerieassistent) und Nikolai Kinski (als Digital-Künstler) sind auch die Nebenrollen überaus gut besetzt.

Darüber hinaus lebt Die Kunst des Liebens von den gelungenen Aufnahmen des Kameramanns Stefan Ciupek sowie den herrlichen Sentenzen, die Lulu Wang ihrem Hauptfigurenpaar in den Mund legt, während es etwa auf einer überdimensionalen Parkbank Platz nimmt, am Spreeufer promeniert oder die alternative Berliner Partyszene erkundet. Das Drehbuch ist nicht frei von dramaturgischen Klischees (Auf den Satz „Ich muss dir was sagen!“ folgt hier garantiert ein klingelndes Telefon, das eine Auflösung des Konflikts vorerst verhindert), es erzählt jedoch klug und mit Einfühlung von dem Wunsch, etwas Bedeutendes zu machen – und vermittelt obendrein einen wirklich schönen Liebesbegriff: Eine Person zu lieben, das bedeute, ihr größter Fan zu sein. Stimmt irgendwie!

Die Kunst des Liebens

Will man den Plot einer klassischen Screwball Comedy wie „Sein Mädchen für besondere Fälle“ („His Girl Friday“, 1940) zusammenfassen, wird man rasch feststellen, wie mühsam das ist. Denn diese Spielart der Komödie ist auf Zelluloid gebanntes (Gefühls-)Chaos, das man am besten genießen kann, wenn man die Logik-Brille beiseitelegt, um sich von der Eleganz der Inszenierung, der Qualität des Schauspiels sowie dem Witz der Dialoge begeistern zu lassen.
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