Die getäuschte Frau

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Die Schatten der Vergangenheit

Nach ihrem viel beachteten Debüt Hemel, der auf der Berlinale 2012 mit dem Preis der FIPRESCI-Kritikerjury ausgezeichnet wurde, fügt Regisseurin Sacha Polak ihrem Werk ein weiteres Porträt einer unsteten jungen Frau hinzu.
Wie bei dem elliptisch angelegten Blick auf einen Tochter-Vater-Konflikt arbeitete sie bei Die getäuschte Frau mit Autorin Helena van der Meulen als Spezialistin für feministische Stoffe zusammen. Erneut verweigern sich beide einem stringenten, chronologischen Aufbau, und wieder wurden beide dafür mit einer Berlinale-Auszeichnung belohnt, dem CIAE-Preis der internationalen Filmkunsttheater. Allerdings erweist sich das düstere Roadmovie Zurich, so der Originaltitel, als weitaus sperriger als der freizügige Vorgänger. Bei dieser Chronik einer Flucht vor der Vergangenheit setzt Polak die zweite Hälfte an den Anfang und wechselt häufig zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie surrealen Momenten.

So landet Protagonistin Nina (Wende Snijders) mit ihrem Auto in einem Bach, weil sie einem Geparden auf der Landstraße ausweichen musste. Diese rätselhafte Sequenz wird später nicht mehr aufgegriffen. Es bleibt unklar, ob die Begegnung der Realität oder der Imagination der getriebenen Frau entstammt. An ihrem schwarzen Kleid lässt sich erkennen, dass der Prolog zwischen beiden Teilen anzusiedeln ist, die jeweils mit einem plötzlichen Augenblick des Schmerzes enden.

Das dunkle Drama beginnt mit Teil 2 („Hund“), um die Vorgeschichte erst allmählich in der zweiten Hälfte („Boris“) zu entfalten. Ziellos streunt Nina durch Europas Autobahnen. Indem sie sich an einen Fremden anschmiegt, der sie zunächst für seine Freundin hält, wird ihre Suche nach Zuneigung und Nähe deutlich. Lange Zeit ist ihr einziger Begleiter ein Hund, den sie heimlich einem Jungen stahl. Dauerhaft kann sich Ninas Beziehung zu dem deutschen Trucker Matthias (Sascha Alexanders Gersak), der zwei kleine Söhne hat, aufgrund ihrer steten Distanz nicht entfalten. Nicht nur trauert sie ihrem verunglückten Mann Boris hinterher, dem der Hund ursprünglich gehörte, sondern sie kann zugleich dessen Verrat nicht verwinden.

Ausgehend vom Bruch in ihrer Existenz stellen Polak und van der Meulen Fragen nach Verantwortung, Kompensation und Moral im Angesicht von Verlust und Schmerz. Nur langsam werden die Bruchstellen in der Biografie der zerrissenen Protagonisten sichtbar, die Polak als assoziativen Bewusstseinsstrom puzzleartig offenlegt. Am Ende fehlen bewusst einige Teile; so bleibt etwa die Frage nach Boris‘ eventuellem Selbstmord ungeklärt. Dabei setzt die Regisseurin auf die Kraft der häufig mit Handkamera eingefangenen Bilder, während die Dialoge meistens reduziert angelegt sind. Wohl schon aufgrund der hiesigen Förderung wurde die erste Hälfte beziehungsweise Teil 2 fast komplett auf Deutsch gedreht, was sogar auf Ninas Unterhaltung mit einem holländischen Anhalter zutrifft, während die Vorgeschichte in ihrer Heimat angesiedelt ist.

Den Plot schnitten Polak und van der Meulen auf Sängerin Wende Snijders zu, die ihre Songs meistens mit elektronischer, zuletzt mit orchestraler Begleitung interpretiert. Zurückhaltend und nuancenreich verkörpert sie in Die getäuschte Frau eine Chorsängerin. In einer anfänglichen Schlüsselszene erklimmt ihre Protagonistin die Bühne einer Bar, um eine Countryband bei „These Boots Are Made For Walking“ zu unterstützen. Doch während diesem ausgelassenen, unbeschwerten Moment wird die ruhelose Frau sogleich wieder von den Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt, denen sie nicht entkommen kann und denen sie sich letztlich doch einmal stellen muss.

Die getäuschte Frau

Nach ihrem viel beachteten Debüt „Hemel“, der auf der Berlinale 2012 mit dem Preis der FIPRESCI-Kritikerjury ausgezeichnet wurde, fügt Regisseurin Sacha Polak ihrem Werk ein weiteres Porträt einer unsteten jungen Frau hinzu.
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Meinungen

gesehenAufDerBerlinale · 10.02.2015

Film auf 30Minuten zusammen geschnitten und es hätte vielleicht interessant sein können.

So ist der Film schlicht langweilig, nicht mitreisend und naja sagen wir mal es ist Kunst.