Die Fee

Eine Filmkritik von Lena Kettner

Wunschlos glücklich

Es war einmal eine Fee, die hieß Fiona und erschien als Gast an der Rezeption eines heruntergekommenen Hotels in Le Havre. Sie war keine schöne, geheimnisvolle Märchenfee im wallenden Gewand, sondern eine junge Frau in einem geblümten Kleid und Turnschuhen, die dem Nachtportier Dom drei Wünsche erfüllen will. Der muss nicht lange überlegen, schließlich weiß er, was jeder französische Mann will, der etwas auf sich hält: einen Roller und lebenslangen Benzinnachschub. Bei so viel Glück kann die Erfüllung des dritten Wunsches getrost warten. Am nächsten Tag findet Dom einen blauen Roller in der Hotellobby, aber die gute Fee ist verschwunden. Welch ein Pech für Dom, der sich über Nacht unsterblich in sie verliebt hat.
La fée, der dritte Film des ursprünglich vom Theater und der pantomimischen Kleinkunst kommenden belgisch-französisch-kanadischen Performance-Trios Dominique Abel, Fiona Gordon und Bruno Romy ist ein skurriles Märchen über die Liebe und seine Handlung der Auslöser für ein Feuerwerk an intelligentem Slapstick. Wie in ihren früheren Filmen Iceberg und Rumba haben Abel, Gordon und Romy auch in La fée die drei Hauptrollen übernommen. Mit seinem Roller geht Dom (Dominique Abel) auf die Suche nach Fiona (Fiona Gordon) und findet sie in einem Heim für psychisch Kranke, wo Fiona wie von Zauberhand über Nacht hochschwanger geworden ist. La fée hält neben Fiona und Dom noch mehr seltsame Charaktere bereit: einen blinden Kellner (Bruno Romy), einen dunkelhäutigen Wurstdieb, biertrinkende Rugby-Spielerinnen aus Le Havre, illegale Einwanderer aus Afrika, die den Hund des englischen Hotelgastes finden, den Dom zuvor in einem Wutanfall in den Abwasserkanal geworfen hatte. Als Finderlohn soll der Engländer die illegalen Einwanderer über den Ärmelkanal in seine Heimat schmuggeln.

Während La fée nur einige wenige, genau gesetzte Dialoge enthält, spielt die musikalische Untermalung in diesem Film eine bedeutende Rolle, besonders in den anmutigen Tanzsequenzen, die als kurze Zwischenakte zwischen den Szenen dienen. Die clownesken Elemente der Körpersprache von Abel, Gordon und Romy erinnern an die an die Stummfilme von Charlie Chaplin und Buster Keaton, das Gespür der Regisseure für Situationskomik an Jacques Tati. Dieser Film lebt aber vor allem durch den unvergleichlichen Charme seines wichtigsten Protagonisten: der Stadt Le Havre. Acht Filme wurden in dieser Stadt am Meer im Nordwesten Frankreichs allein in den letzten fünf Jahren gedreht. Unter anderem fand der finnische Regiemeister Aki Kaurismäki hier den idealen Drehort für seinen Film Le Havre. Ähnlich wie Kaurismäki zeigen auch Abel, Gordon und Romy im Gegensatz zu den meisten in Le Havre realisierten Filmen in La fée die sonnigen Seiten einer Stadt, deren pittoreskes Stadtzentrum nach der kompletten Zerstörung durch einen Bombenangriff im Jahre 1944 aus Beton wiederaufgebaut wurde.

Le Havre als Metapher für einen Ort, an dem Träume wahr werden können, wenn man etwas nachhilft. Am Strand von Le Havre zeigt sich, wie Fiona Doms Wunsch nach ewigem Tanknachschub nachkommen kann: Sie hat einen Mitarbeiter am Hafen überredet, ihr den Schlüssel für einen großen Benzintank zu überlassen. Nur dumm, dass dieser irgendwann explodiert, weil ein Angler aus Versehen eine Zigarette ins Wasser geworfen hat. Aber da haben sich Dom und Fiona längst gefunden und wollen sich nun ganz andere Wünsche erfüllen wie zum Beispiel eine neue Behausung. Nicht nur Abels, Gordons und Romys Filmfiguren helfen ihrem Glück in La fée mächtig auf die Sprünge: die Regisseure machten im Zuge der Dreharbeiten aus einer Fahrschule in Le Havre den Außenbereich ihres Filmhotels, aus einer Marineschule ein Krankenhaus und sie verlegten das Meeresufer der Stadt im Film ganz nahe an den Hoteleingang, um ihre Protagonisten in den zahlreichen Verfolgungsjagden mit der Polizei unmittelbar darauf zulaufen zu lassen. Ein charmanter Fake, der die Wirklichkeit verschönert.

Auch wenn sich La fée in seiner Ästhetik und Spielweise nicht wesentlich von den früheren Filmen des Regie-Trios unterscheidet: Abel, Gordon und Romy schaffen mit ihrem Film eine ganz eigene, heitere Atmosphäre, die immer wieder von Szenen voller Tragik unterbrochen wird. In einer dieser Szenen interpretiert die Sängerin Anaïs Lemarchand aus Le Havre in der Bar des blinden Kellners Kurt Weills „Youkali“, ein Lied über ein Sehnsuchtsland, das nicht existiert. Ähnlich wie der von Abel, Gordon und Romy erschaffene Kosmos in La fée. Doch es wäre zu schade, sich diese Illusion nehmen zu lassen.

Die Fee

Es war einmal eine Fee, die hieß Fiona und erschien als Gast an der Rezeption eines heruntergekommenen Hotels in Le Havre. Sie war keine schöne, geheimnisvolle Märchenfee im wallenden Gewand, sondern eine junge Frau in einem geblümten Kleid und Turnschuhen, die dem Nachtportier Dom drei Wünsche erfüllen will.
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