Der Solist

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Solo für zwei

Im günstigsten Fall ist ein Filmtitel mehrdeutig, regt zum Nachdenken an, was denn nun damit gemeint sei und ist trotzdem bezeichnend für das Thema der Geschichte, die erzählt wird. Zumindest diese Übung ist Joe Wright (Stolz und Vorurteil, Abbitte) bei seinem neuen Spielfilm Der Solist bestens gelungen. Auch sonst kann Wright streckenweise durchaus überzeugen, wenngleich zum Schluss etwas Enttäuschung bleibt.
Der Titel gebende Solist, das ist auf den ersten Blick der schizophrene Obdachlose Nathaniel Ayers (Jamie Foxx), der in den Unterwelten der Metropole Los Angeles einer aus jenem Heer der Armen und von der Gesellschaft Vergessenen ist, die im Schatten des Glamours und des Luxus ein nahezu unsichtbares Leben führen. Weil diese beiden Lebenswelten normalerweise streng voneinander getrennt sind und kaum Berührungspunkte aufweisen, ist es ein absoluter Zufall, dass der ausgebrannte Journalist Steve Lopez (Robert Downey jr.) eines Tages auf Ayers trifft, der in einer Unterführung auf einer Geige mit nur zwei Saiten musiziert. Fasziniert von dem sensiblen Geigenspiel des Obdachlosen sucht Lopez, der eine Geschichte wittert, den Kontakt zu diesem und glaubt sich bald auf der Spur eines Riesenstory: Ist Nathaniel wirklich ein ehemaliges musikalisches Wunderkind, dass durch seine Erkrankung aus der Bahn geworfen wurde? Und wird es Steve gelingen, diese allzu früh abgebrochene Karriere wieder in Schwung zu bringen? Der Kampf um das Schicksal des Obdachlosen wird für den Zeitungskolumnisten auch zum Kampf um sich selbst. Denn so gut die Story auch sein mag – Lopez’ neuer Freund braucht keinen Ruhm und kein Rampenlicht, sondern ganz etwas anderes.

Der Solist ist ein auf realen Erlebnissen basierender Film über die Macht der Musik und der Freundschaft – und darüber, wie falsche Erwartungen den Blick für das Wesentliche trüben können. Vor allem aber ist er ein Film über zwei Solisten, nicht über einen. Denn Nathaniel Ayers, dessen reales Schicksal der auch heute noch aktive Journalist der L.A. Times über ein Jahre lang in seinen Kolumnen begleitete, gerät im Lauf des Films trotz seiner Präsenz zunehmend zu einer Randfigur. Was vor allem daran liegt, dass der Obdachlose keine dramaturgisch nötige Entwicklung durchmacht; trotz aller Hoffnungen auf die heilende Kraft der Musik ist ihm kein Happy End vergönnt, so dass sich der Fokus der Erzählung im Verlauf des Films immer mehr auf den Journalisten und dessen Läuterung verschiebt. Auch wenn die Geschichte zumindest in diesem Punkt den Realitäten entsprechen mag (bis heute existiert für den realen Nathaniel Ayers keine Diagnose seiner Geisteskrankheit), so entlässt sie den Zuschauer doch mit einem gewissen Gefühl der Enttäuschung in die Realität des Lebens. Was die Qualitäten dieses Films aber keineswegs schmälern soll. Die liegen vor allem bei zwei ausgezeichneten Hauptdarstellern und exzellenten Dialogen, die bei aller schweren Problematik dem Film immer wieder eine angenehme Leichtigkeit verleihen.

Wie gut Jamie Foxx sein kann, das hat er ja bereits in Ray eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Auch bei Der Solist liefert Foxx eine prächtige Leistung ab – was umso höher einzuschätzen ist, da seine Figur aufgrund des Drehbuchs und den Mutmaßungen und Spekulationen über Nathaniels Erkrankung merkwürdig unklar und verwaschen bleibt. Trotz dieser Schwächen aber rührt uns die Figur an und öffnet uns ebenso wie Steve Lopez die Augen für die Schicksale der Menschen am Rand der Gesellschaft.

Über Robert Downeys immenses schauspielerisches Vermögen muss man sowieso kein Wort verlieren – wäre nicht seine verhängnisvolle Schwäche für das exzessive Leben, könnte er längst in der allerersten Riege der Darsteller in Hollywood mitspielen. Auf jeden Fall scheint er ein gutes Händchen für Rollen zu haben. Wie er den (buchstäblich) gefallenen und desillusionierten Zeitungskolumnisten Steve Lopez gibt, das hat schon sehr viel mit deiner eigenen wechselvollen Karriere zu tun. Mit dem wahren Journalisten Steve Lopez hingegen verbindet diese Rollengestaltung weniger – der war nämlich im Gegensatz zu seinem filmischen Alter ego glücklich verheiratet. Das war dann wohl bei aller Liebe Joe Wrights zur Darstellung des harten Alltagslebens ein wenig zu „normal“.

Der Solist

Im günstigsten Fall ist ein Filmtitel mehrdeutig, regt zum Nachdenken an, was denn nun damit gemeint sei und ist trotzdem bezeichnend für das Thema der Geschichte, die erzählt wird. Zumindest diese Übung ist Joe Wright („Stolz und Vorurteil“, „Abbitte“) bei seinem neuen Spielfilm „Der Solist“ bestens gelungen. Auch sonst kann Wright streckenweise durchaus überzeugen, wenngleich zum Schluss etwas Enttäuschung bleibt.
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Meinungen

insider · 26.12.2009

Hammer Soundtrack

Heinrich Jochimsen · 29.06.2009

sehr gut