Das Morgan Projekt

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Eine Katastrophe

Grundsätzlich ist nichts dagegen auszusetzen, dass man die gleichen Geschichten noch einmal erzählt. Nur wenn man es tut, wie Luke Scott in seinem Erstlingswerk Das Morgan Projekt, hat diese Entscheidung auch Konsequenzen: Man wird den Vergleich mit anderen Versionen nicht los und muss ebenfalls um seine Daseinsberechtigung kämpfen, indem man seine Relevanz, sein Anders sein und Anders zeigen beweist. Stellen wir also erst einmal fest, dass Das Morgan Projekt fast die gleiche Geschichte erzählt wie Alex Garlands herausragender Film Ex Machina mit einer kleinen Zugabe von Splice und einem hochkarätigen Ensemble.
Morgan (Anya Taylor-Joy) ist halb Mensch, halb Nanotechnologie und Laborexperiment einer unbekannten Firma. Eine Gruppe WissenschaftlerInnen arbeitet im Verborgenen und kompletter Isolation seit sieben Jahren an dieser verbesserten Version eines Menschen. Und in der Tat, Morgan wächst schneller, ist klüger und hat Kräfte, die sich noch ausbilden, aber vielversprechend sind. Sie ist zwar erst fünf Jahre alt, aber schon in der Pubertät — und damit wird es nun kritisch, denn die Hormone tun ihren Dienst. Erst laufen die Gefühle Amok, dann Morgan und sie verletzt eine der Wissenschaftlerinnen (Jennifer Jason Leigh in einer undankbaren Rolle) schwer. Das bringt die stark unterkühlte Krisenmanagerin Lee (Kate Mara) auf den Plan. Sie soll Kosten und Nutzen analysieren. Bei ihrem Besuch stellt sie fest, dass die Gruppe um Morgan (verpulvert: Michelle Yeoh, Toby Jones, Rose Leslie) den menschlichen Beziehungskonstrukten den Vorrang gegenüber der Wissenschaft gegeben hat. Sie lebt wie eine Familie. Ein Psychologe (Paul Giamatti) wird dazugeholt; er soll Morgan überprüfen. Er reizt das Nano-Mädchen absichtlich und löst damit eine Katastrophe aus.

Die eigentliche Katastrophe in Das Morgan Projekt ist allerdings der Film selbst, der viel will und auch viel zur Verfügung hat, aber kaum etwas davon nutzt. Scott gibt seinem hervorragenden Cast kaum Möglichkeiten, irgendetwas aus ihren dünnen Rollen herauszuholen. Hier wird in langweiligen Szenen, schlechten Dialogen und immerwährend grimmigen Apokalypsen-Gesichtern unfassbar viel Talent verschwendet. Kate Mara spielt die Figur, aus deren Sicht man sich in dieser Welt bewegt und sie darf explizit keine Gefühle zeigen. Damit geht jegliche Assoziation oder Empathie ebenfalls baden. Auch der Frage nach Morgan, dem Hybridwesen, die sich philosophisch, politisch, menschlich und in noch mindesten drei anderen Arten betrachten und erkunden ließe, wird nicht nachgegangen. Sie ist einfach da, ein genervter Teenager in einem grauen Hoodie. Die Parameter ihrer Existenz werden am Anfang kurz erklärt und danach agiert sie monoton und nach Schema „Frankensteins Monster“ den Rest des Filmes aus.

An dieser Stelle würde man eigentlich versuchen zu ergründen, was für ein Film Das Morgan Projekt hätte werden können, was alles möglich gewesen wäre, denn die Voraussetzungen waren gut und die Idee ebenfalls. Aber so ist das nun einmal mit Geschichten, die schon einmal erzählt wurden. Die Spekulation ist überflüssig, denn eine gelungene Version der Story von Das Morgan Projekt gibt es bereits. Sie heißt Ex Machina — ein Film, den man, das immerhin muss man dem Morgan Projekt lassen, nach diesem hier gleich noch einmal sehen will.

Das Morgan Projekt

Grundsätzlich ist nichts dagegen auszusetzen, dass man die gleichen Geschichten noch einmal erzählt. Nur wenn man es tut, wie Luke Scott in seinem Erstlingswerk „Das Morgan Projekt“, hat diese Entscheidung auch Konsequenzen: Man wird den Vergleich mit anderen Versionen nicht los und muss ebenfalls um seine Daseinsberechtigung kämpfen, indem man seine Relevanz, sein Anders sein und Anders zeigen beweist.
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Meinungen

Martin Zopick · 21.11.2020

In einem Labor gibt es Probleme, nachdem man einen Androiden erschaffen hat. Das Wesen heißt Morgan (Anya Taylor-Joy) und ist weder männlich noch weiblich. Es ist ein Es. Im Gespräch mit Dr. Grieff (Jennifer Jason Leigh) ist Morgan ausgerastet und hat sie schwer verletzt. Die Fachfrau für Risiko-Management, Lee Weathers (Kate Mara) kann nicht verhindern, dass Morgan fast den gesamten Mitarbeiterstab eliminiert: u.a. Dr. Ziegler (Toby Jones) oder Dr. Shapiro (Paul Giamatti). Nur Amy (Rose Leslie) bleibt von ihr verschont. Der Schocker, dass hier die Titelfigur von einer zierlichen jungen Frau gespielt wird, verflacht nach zwei packenden Duellen mit Lee Weathers allerdings. Die Mädels holzen bis der Arzt kommt. Und Morgen mordet monstermäßig weiter. Lee Weathers macht ihr am Ende den Garaus, obwohl lanzendurchbohrt.
Im Gespräch mit den Wissenschaftlern hatte Morgan Gefühle wie Liebe und Einsamkeit gestanden. Auch dass sie keine Mutter hat, macht ihr zu schaffen. So muss am emotionalen Status von Morgan (Projekt Nr. 9) allerdings noch gearbeitet werden, sagen die Experten.
Brian Cox hat in seinem Cameo das letzte Wort: Rückkehr zu Projekt 4, aber die erfolgreiche Lee Weathers ist fast perfekt. (Was das auch immer heißen soll.)
Anya Taylor-Joy überzeugt mit handfesten Martial Arts Stunts, wobei sie zwischen Kindfrau und Killermaschine variiert. Das emotionslose blanke Gesicht mit den schwarzen Augen bleibt ebenso in Erinnerung wie ihr blutverschmierter Mund.
Der Film erweckt keine falschen Hoffnungen und erzählt gradlinig von A nach B und bietet brauchbare Unterhaltung.