Das Belko Experiment (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Wer sich schon immer nach mehr Action und Aufregung im Beruf gesehnt hat, dürfte nach der Sichtung des Büroschockers Das Belko Experiment von Wolf Creek-Schöpfer Greg McLean einen monotonen und entspannten Arbeitstag zu schätzen wissen. Existenzkampf im wahrsten Sinne des Wortes steht in der kleinen, schwarzhumorigen Horrorübung auf dem Programm, die dem Betrachter zeigen will, wie schnell sich Menschen in wilde Bestien verwandeln. Das satirische Potenzial des Stoffs nutzen McLean und Drehbuchautor James Gunn (Guardians of the Galaxy Vol. 2) leider nicht wirklich aus, weshalb der Film lediglich als handwerklich sauber gefertigtes Schlachtfest in Erinnerung bleibt. Freunde kompromissloser Splatter-Einlagen kommen sicherlich auf ihre Kosten. Clever-wendungsreiche Genre-Unterhaltung sieht allerdings ein wenig anders aus.

Ort des zunehmend blutigen Geschehens ist die Zentrale der internationalen Non-Profit-Organisation Belko Industries im Umland Bogotás, in der sich am Morgen eines vermeintlich normalen Arbeitstages seltsame Dinge ereignen. Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte führen strengere Kontrollen als üblich durch und schicken außerdem die kolumbianischen Bediensteten nach Hause. Der Angestellte Mike Milch (John Gallagher Jr.) und seine Freundin Leandra (Adria Arjona) stutzen kurz, verfallen dann jedoch, wie die restliche Belegschaft, in ihre Routine. Irgendwann meldet sich über die hausinterne Sprechanlage eine unbekannte Stimme mit einer makabren Aufforderung: Innerhalb von 30 Minuten sollen die Belko-Mitarbeiter drei Menschen aus ihrem Kreis ermorden. Verstreicht die Frist ereignislos, müssen sechs zufällig ausgewählte Kollegen sterben. Was viele zunächst für einen schlechten Scherz halten, ist ernst gemeint. Plötzlich sind alle Fenster und Ausgänge verriegelt. Und kurze Zeit später gibt es die ersten Toten zu beklagen.

Das Belko Experiment hätte das Zeug zu einer bissigen Abhandlung über die heute global verstrickte, von Leistungsdruck befallene Arbeitswelt, dehnt seine Prämisse aber zu selten in diese Richtung aus. Herrlich böse ist noch die Art und Weise, wie es zu den ersten Opfern kommt. Gleich zu Beginn erfährt der Zuschauer, dass jedem Belko-Angestellten ein kleiner Chip implantiert wird, der ein Aufspüren jederzeit möglich macht. Immerhin befindet man sich in Kolumbien, wo Entführungen – so erklärt es ein Mitarbeiter – an der Tagesordnung sind. Ironischerweise entpuppt sich ausgerechnet die hochmoderne Überwachungsvorrichtung als tödliche Gefahr, da sie im Rahmen des eingeläuteten Metzel-Spiels zum Eliminieren eingesetzt wird. Nach Ablauf der 30-Minuten-Frist explodieren auf einmal die Köpfe zufällig ausgewählter Firmenmitarbeiter, womit McLean für erste, krasse Schockmomente sorgt.

Überhaupt gelingt es dem Horrorexperten im Anfangsdrittel, eine beklemmende, zwischen Panik und Ungläubigkeit schwankende Atmosphäre zu kreieren, die den Betrachter durchaus gefangen nimmt. Deutlich wird allerdings schon hier, dass das Drehbuch keinen Wert auf interessante Figuren legt. Vielmehr zaubert Gunns Vorlage allerlei Stereotypen aus dem Hut, denen zumeist nur eine Eigenschaft zugeordnet wird. Mike ist die Stimme der Vernunft, während sein Vorgesetzter Barry (Typecasting par excellence: Tony Goldwyn) zunächst den besonnenen Macher gibt, um binnen kurzer Zeit zum gewissenlosen Schlächter zu mutieren. Die Rollen sind schon früh verteilt. Und der Handlung fehlt es an spannenden psychologischen Spielchen, die dem Blutbad womöglich etwas mehr Substanz verliehen hätten. Halbherzig wirken nicht zuletzt die Auseinandersetzungen zwischen dem Pärchen Mike und Leandra, über die der Film emotionale Zwischentöne in das wenig zimperliche Treiben transportieren will. Immer mal wieder blitzen kleine, gelungene Pointen auf. In der größtenteils genrekonform ablaufenden Abzähldramaturgie treten die satirischen Spitzen aber jedes Mal schnell wieder in den Hintergrund. Ändern kann an dieser Feststellung auch die kleine Offenbarung nichts, die den solide inszenierten und mit ordentlichen Effekten ausgestatteten Brachialschocker beschließt.
 

Das Belko Experiment (2016)

In einem Gebäude der Belko Building Company in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota finden sich eines Morgens die 83 amerikanischen Mitarbeiter des Unternehmens ein und müssen erstaunt feststellen, dass alle ihre kolumbianischen Kollegen nicht zur Arbeit erschienen sind. Doch das ist erst der Anfang, denn eine Stimme aus einem Lautsprecher verkündet ihnen, dass sie Teilnehmer eines makabren Spiels geworden sind — und dessen Ziel besteht darin, dass jeder von ihnen seine Kollegen töten muss um selbst zu überleben. Glauben sie anfangs noch an einen üblen Scherz, merken sie schnell, dass der Überlebenskampf, der von ihnen abverlangt wird, blutiger ernst ist.

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