Burg Schreckenstein (2016)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Alle für einen

Die Jugendbuchserie Burg Schreckenstein von Oliver Hassencamp zieht von jeher nicht nur Mädchen, sondern auch Jungen in ihren Bann, denn die Internatsschüler im Fokus sind männlichen Geschlechts, wohnen in einer ehemaligen Ritterburg und führen einen freundschaftlichen Kleinkrieg gegen die Mädchen vom Internat Schloss Rosenfels. So hat Hassencamp ab 1959 eben nicht eine weitere Buchreihe nach Dolly oder Hanni und Nanni geliefert, sondern das Genre der Internatsgeschichten für männliche Leser gangbar gemacht. Auch die aktuelle Verfilmung spricht Jungs wie Mädels gleichermaßen an, ist kurzweilige Unterhaltung und wurde sowohl mit dem Prädikat Wertvoll als auch von der Jugend-Film-Jury ausgezeichnet.

Stephan (Maurizio Magno) hat Probleme in der Schule – nicht zum ersten Mal. Nun soll er schon wieder die Schule wechseln, aber als ihm seine Eltern gar den Vorschlag machen, ihn auf ein Internat zu schicken, ist Stephan entsetzt. Er kann kaum glauben, dass er von zu Hause weg soll. Dann aber entpuppt sich die neue Schule als eine alte Burg namens Schreckenstein, die ein cooles Schülerdasein verspricht, und auch der Direktor der Schule, Rex (Henning Baum), scheint okay zu sein.

Langsam tastet sich Stephan in der für ihn neuen Situation vor, eckt aber erst einmal bei den Mitschülern an. Diese sind nämlich immer skeptisch gegenüber neuen Schülern – schließlich sind diese noch keine echten „Schreckensteiner“. Um ein solcher zu werden, stehen einige Mutproben für Stephan an. Nach und nach aber gewinnt er Ottokar (Benedict Glöckle), Mücke (Caspar Krzysch), Strehlau (Eloi Christ) und Dampfwalze (Chieloka Nwokolo) für sich und ist dann Teil des Ritter-Geheimbunds und der Gang, die sich immer wieder des Nachts zum benachbarten Schloss Rosenfels aufmacht, um die dortigen Schülerinnen – allen voran Bea (Nina Goceva), Inga (Mina Rueffer) und Alina (Paula Donath) – zu erschrecken und sich für deren Streiche zu rächen.

Der Kleinkrieg gegen das Mädcheninternat nimmt immer größere Formen an, und dann muss sogar das Schloss renoviert werden, so dass die Mädchen samt der schnell aufgebrachten Direktorin, Frau Dr. Horn (Sophie Rois), kurzfristig auf die Burg umziehen müssen. Natürlich sind weitere Neckereien und Streiche vorprogrammiert, vor allem auch deshalb, weil nun deutlich wird, wie unterschiedlich die Unterrichtsmethoden der beiden Schulen sind. Dem Burgherrn Graf Schreckenstein (Harald Schmidt) ist das allerdings einerlei, er bastelt lieber an seinem Heißluftballon nach Plänen der Brüder Montgolfier aus dem 18. Jahrhundert.

Burg Schreckenstein erzählt aus der Perspektive des elfjährigen Stephan und macht deutlich, wie verloren sich ein Junge fühlen kann, wenn seine Eltern getrennt leben und nicht so recht Zeit haben für seine schulischen oder freundschaftlichen Probleme, die für ihn aber seine Welt bedeuten. Erst nach und nach kommt er in Schreckenstein an und erlebt Freundschaft und Zusammenhalt. Und dann soll er schon bald wieder weg. Damit bricht dann tatsächlich ein Stück Welt für Stephan zusammen, was der Jungschauspieler Maurizio Magno überzeugend spielt. Überhaupt gewinnt der Film durch das natürliche Spiel seiner Kinderschauspieler, wohingegen Harald Schmidt als schrulliger Burgherr und Sophie Rois als Schuldirektorin von Schloss Rosenfels eher etwas exzentrisch daherkommen.

Wie auch die Jugendbuchreihe vereint Burg Schreckenstein von Ralf Huettner Abenteuer und jugendliche Streitlust mit dem Thema Freundschaft – allerdings in einer sehr freien Adaption und auf das heutige Publikum zugeschnitten. Dabei schafft der Film einen guten Spagat zwischen altehrwürdiger Internatstradition im Sinne des Romans mit Ehrenkodex (auch wenn er am Ende etwas zu sehr an den wirklich ehrwürdigen Club der toten Dichter erinnert) und Rittervergangenheit auf der einen Seite und einem Aktualitätsbezug auf der anderen Seite, so dass sich die jungen Zuschauer leicht mit der Geschichte identifizieren können: Smartphones und gar eine Drohne halten Einzug auf Burg Schreckenstein, auch die Streiche sind ans 21. Jahrhundert angepasst. Der originelle Soundtrack mischt konventionelle Filmmusik mit eigenen Kompositionen zwischen Sprechgesang und deutschsprachigem Indie-Rock. Die älteren Zuschauer mag der gesamte Mix bisweilen zerstören – müssen Geschichten aus den 1950ern cool und stylish präsentiert werden? –, für Kinder und Jugendliche kann das funktionieren.

Allerdings merkt man dem Film an, dass die Vorlage eine ganze Jugendbuchreihe ist. Hier haben die Macher versucht, viel von dem, was die Bücher erzählen, in den einen Film hineinzupacken. Dadurch steckt etwas viel in der Geschichte des Films, geht das alles ein wenig schnell von Ankunft auf der Burg, Aufnahme in den Ritter-Geheimbund, Gerangel mit der Nachbarschule, Burgfest und Infragestellen der Zukunft der Schule. Da wäre ein bisschen Weniger mehr gewesen. Für junge Kinogänger aber ist Burg Schreckenstein trotzdem eine schöne Alternative im Kinodschungel und vielleicht auch der Anreiz, eines der Bücher von Hassencamp in die Hand zu nehmen und in die Welt der Jungen von Burg Schreckenstein abzutauchen. Das lohnt sich auch!
 

Burg Schreckenstein (2016)

Die Jugendbuchserie „Burg Schreckenstein“ von Oliver Hassencamp zieht von jeher nicht nur Mädchen, sondern auch Jungen in ihren Bann, denn die Internatsschüler im Fokus sind männlichen Geschlechts, wohnen in einer ehemaligen Ritterburg und führen einen freundschaftlichen Kleinkrieg gegen die Mädchen vom Internat Schloss Rosenfels. So hat Hassencamp ab 1959 eben nicht eine weitere Buchreihe nach „Dolly“ oder „Hanni und Nanni“ geliefert, sondern das Genre der Internatsgeschichten für männliche Leser gangbar gemacht.

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Meinungen

Jürgen Köhler · 30.10.2016

Die Handlung enthält einen komprimierten Mischmasch verschiedener Bände. Ein paar Szenen erkennt man. Der Rest
ist erfundener Quatsch.

Die Charaktere erkennt man fast nur an ihren Namen:

Dass Stephan erst später dazukommt, ist das einzige was im Film bleibt.
Ottokars Souveränität und Akzeptanz als Schulkapitän ist im Film kein bisschen spürbar.
Dass Dampfwalze farbig ist, ist kein Problem - aber vom Buchcharakter "Muskelprotz mit Spatzenhirn" merkt man
überhaupt nichts.
Um Mücke zu erkennen, hätte der Größenunterschied stärker sein müssen. Und seine Schlagfertigkeit fehlt komplett.
Auch Strehlaus "Superhirn" wird nur im Mikrometerbereich sichtbar.

Sophie Rois und Henning Baum sind für die Rollen mindestens zehn Jahre zu jung.
Aus einer "ältlichen Jungfer" eine hysterische "Hexe" zu machen, ist noch die tolerabelste Abweichung.
Der "Rex" ist 90 % kumpelhaft, 10 % Respektsperson. In den Büchern ist es umgekehrt.
Harald Schmidt als Graf ist komplett lachhaft - inklusive des bescheuerten Ballons.
Jeans vornehme Art ist wenigsten in Ansätzen erkennbar.

Die Mädchen verkommen durch die Schuluniformen zu einem Einheitsbrei, der nur ein paar mal durch Namensnennung
aufgelockert wird.