Boy 7

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Dieser Thriller kann was!

Ein klein wenig tut sich im deutschen Genre-Film. Nach dem erfolgreichen Who Am I — Kein System ist sicher gibt es nun mit Boy 7 einen weiteren Thriller, diesmal jedoch deutlich stärker mit SF-Elementen abgeschmeckt. Die Romanverfilmung erinnert ein klein wenig an Dich kriegen wir auch noch, generell verleugnet der Film aber nicht, dass es reichlich Inspiration gegeben hat. So erfindet Özgür Yildirim das Rad nicht neu, bringt es aber behände zum Laufen.
Sam (David Kross) wird wegen des Hackens des Computersystems der Schule zu einem zweimonatigen Resozialisierungsprogramm am Institut Kooperation X verurteilt. So übel scheint es dort gar nicht zu sein. Institutsleiter Fredersen spricht von den Talenten der jungen Leute, die nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden müssen. Sogar mit einer echten Zukunft winkt er. Kooperation X könnte die große Chance für Sam sein, aber dann merkt er, dass einiges in dieser Anstalt nicht mit rechten Dingen zugeht. Nicht nur, dass jeder nur noch eine Nummer ist und sein Vorgänger unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, auch der Umstand, dass Menschen, die zu so genannten Mentoren befördert werden, schlagartig alles vergessen, was sie zuvor erlebt haben, macht Sam und die rebellische Lara (Emilia Schüle) stutzig.

Yildirim, der schon mit Chiko und Blutsbrüdaz sein Gespür für die Befindlichkeiten eines jungen Publikums unter Beweis gestellt hat, gestaltet auch Boy 7 so, dass er nie den Blick dafür aus den Augen verliert, was die Zuschauer erwarten. Das zeigt sich inszenatorisch, aber auch inhaltlich, nimmt sich Yildirim doch im Vergleich zur Vorlage einige Freiheiten, bleibt aber dem Kern der Erzählung treu und erschafft eine dystopische Zukunft, die in der Gegenwart verankert ist und mit einer Urangst spielt: dem Verlust der eigenen Identität.

Er gestaltet die Geschichte auf zwei Zeitebenen. Der Anfang ist eine Reminiszenz an Die Bourne Verschwörung, tritt aber bald in den Hintergrund als die Hauptfigur das selbst verfasste Tagebuch zu lesen beginnt und man als Zuschauer miterlebt, wie alles zu diesem Moment führte. Das ist teils clever, wenn die Sexszene zwischen Sam und Lara übersprungen wird, weil sie meint, das muss man jetzt nicht so ausführlich ausbreiten. Es bringt den Film aber auch etwas ins Stolpern, denn irgendwann endet das Tagebuch, aber es ist noch einiges passiert. Daran erinnert sich die Hauptfigur schließlich auch wieder. Aber wie kann sie sich daran erinnern, was andere Figuren erlebt haben?

Es ist ein später Moment in der Handlung, aber hier gerät Boy 7 ins Schlingern. Zu seinem Glück ist er aber rasant genug erzählt, um diese Unebenheiten zu übertönen. Sie fallen erst im Nachgang wirklich auf.

Boy 7 ist ein Schritt in die richtige Richtung, gute Genreware, die zwar nichts essenziell Neues zu bieten hat, aber in Inhalt und Umsetzung problemlos auf internationalem Niveau agiert.

Boy 7

Ein klein wenig tut sich im deutschen Genre-Film. Nach dem erfolgreichen „Who Am I“ gibt es nun mit „Boy 7“ einen weiteren Thriller, diesmal jedoch deutlich stärker mit SF-Elementen abgeschmeckt. Die Romanverfilmung erinnert ein klein wenig an Dich kriegen wir auch noch, generell verleugnet der Film aber nicht, dass es reichlich Inspiration gegeben hat.
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Meinungen

Vreni · 29.06.2022

Ich habe schon viele Buchverfilmungen gesehen, aber dieser Film ist die reinste Enttäuschung. Das hat mit der Geschichte im Buch ja gar nichts mehr zu tun. Und auch nicht mit dem geringeren Budget, den der deutsche Film zur Verfügung hat, im Gegensatz zu Tribute von Panem, Harry Potter, usw. Wenn man schon den Anfang vom Film sieht, haben die Filmemacher das Buch wohl nicht gelesen oder absichtlich eine komplett andere Geschichte daraus gemacht. Genau wie After die schlechteste Buchverfilmung aller Zeiten.