Blue Ruin

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Der staubige Pfad der Rache

Dass hier irgendetwas nicht stimmt, das weiß man gleich von Anfang an. Blue Ruin macht keinen Hehl daraus, dass er blutig werden wird und dass er die Nerven seiner Zuschauer ordentlich strapazieren, ja sogar ein wenig zerfleischen wird.
Ein langhaariger, vollbärtiger Mann sitzt in der Badewanne. Draußen vor der Haustür knallt eine Autotür. Eine Familie. Sie öffnet die Haustür. Ein Schnitt. Nackt und tropfend stürzt der Bärtige aus dem Fenster und rennt davon. Wenig später erfahren wir — der Mann ist ein Obdachloser namens Dwight, dessen Eltern ermordet wurden. Und der Mörder wurde gerade entlassen. Dwight fackelt nicht lang, macht sein verbeultes altes Auto klar, besorgt sich ein Messer, lauert ihm auf und legt ihn um. Dabei hat er mehr Glück als Verstand, denn er ist nicht gerade hell im Köpfchen. Doch ab und an glänzt er mit dem ein oder anderen brillanten Moment. Blöd nur, dass der Tote zum einen nicht der wahre Mörder seiner Eltern war und noch blöder, dass dieser aus einer Familie stammt, die nicht die Polizei holt, sondern das Ganze viel lieber selbst erledigt: mit absoluter Blutrache.

Und so entrollt sich ein wunderbar leichtfüßiger und streckenweise sehr witziger Genrefilm, bei dem eigentlich schon klar ist, wie er enden wird. Aber es macht eben so viel Spaß dabei zuzuschauen, wie Dwight panisch und völlig unbedacht von einer Situation in die nächste stolpert, ohne je so richtig zu wissen, was er da eigentlich tut. Und das ist sein Vorteil, denn er ist unberechenbar, während sich die anderen mit ihrem John Wayne-Gebaren jedes Mal großkotzig in die Schusslinie stellen und damit die eigentlichen Genreregeln ad absurdum führen. Denn weder ist der Rächer edelmütig, clever und gut, noch ist die Rache an sich mit ihrem eigentlichen Sinn beseelt.

Abgesehen von der erfrischend eklektischen Geschichte lebt der Film vor allem von seinem leicht schäbig-dreckigen Look. Zu verdanken ist das vor allem Regisseur Jeremy Saulnier, der bisher wohl eher bekannt als Matt Porterfields (I Used To Be Darker, Putty Hill) Kameramann war. Und so inkorporiert Saulnier in seinen Breitwandbildern gern die Umgebung, die staubtrockenen Straßen, die immer wieder ein wenig an alte Western erinnern und die gleichzeitig von den Figuren gebrochen werden, die sich in eben dieser Landschaft bewegen.

Blue Ruin kommt damit in Stil, Atmosphäre und auch ein wenig in der Erzählung einem anderen Film nahe, der fast zur gleichen Zeit in den Festival Line-Ups aufgetaucht ist: Ain’t Them Bodies Saints geht ähnliche Wege und versucht ebenfalls ein altes Genre nicht nur wiederzubeleben, sondern auch postmodern zu interpretieren. Die beiden würden sich auf jeden Fall sehr gut in einer Doppelvorführung machen.

Blue Ruin

Dass hier irgendetwas nicht stimmt, das weiß man gleich von Anfang an. „Blue Ruin“ macht keinen Hehl daraus, dass er blutig werden wird und dass er die Nerven seiner Zuschauer ordentlich strapazieren, ja sogar ein wenig zerfleischen wird.
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