BFG - Big Friendly Giant

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Queen furzt grün

Mit seinem Film The BFG — Big Friendly Giant knüpft Steven Spielberg an Filme wie E.T. — Der Außerirdische an und bietet nahezu perfekte Familienunterhaltung, bei der eigentlich nur der typische Spielberg-Touch stört.
BFG basiert auf einem Kinderbuch des britischen Autors Roald Dahl, das in Großbritannien fast jedes Kind kennt: The BFG (deutsch: Sophiechen und der Riese) erzählt von dem Waisenkind Sophie (Ruby Barnhill), das eines Nachts aus dem Fenster des Londoner Heimes, in dem es lebt, einen Riesen (Mark Rylance) erspäht. Als dieser bemerkt, dass er entdeckt wurde, entführt er Sophie kurzerhand und verschleppt sie ins Riesenland weit im Norden. Doch statt wie üblich Furcht zu zeigen, erweist sich Sophie als ebenso mutig wie sich der Riese durch Freundlichkeit auszeichnet: Anders als seine tölpelhaften, dummen und gefräßigen Kollegen im Land der Riesen ist der BFG (in der deutschen Übersetzung des Buches heißt er „GuRie“ = Guter Riese) ein zwar etwas zerstreuter und wortverdrehender Zeitgenosse, vor allem aber ein ziemlich netter Kerl, der des Nachts den Kindern die Träume bringt, die er in seiner Werkstatt in mühevoller Handarbeit herstellt. Doch es droht Ungemach – nicht nur Sophie, deren Anwesenheit im Riesenland nicht unbemerkt bleibt, sondern überhaupt alle Kinder der Welt sind in Gefahr, als die Riesen beschließen, auf Menschenkinderjagd zu gehen. Also fassen Sophie und der BFG einen Plan, der eine Intervention von ganz oben erfordert: die Queen (herrlich: Penelope Wilton) soll es richten. Nur: Wie kommt man an die Queen heran, wenn man entweder erst zehn Jahre alt oder zwar schon groß (und zwar verdammt groß), aber zugleich auch tollpatschig und nicht geübt im Umgang mit Menschen und Königinnen ist?

Sehenswert ist an BFG vieles; vor allem aber erstaunt es, welche Fortschritte das Motion-Capture-Verfahren gemacht hat, das (reichlich verkürzt) die Umwandlung von real gefilmten Sequenzen in animierten Film erlaubt. Auf diese Weise wird Mark Rylance, der bereits in Spielbergs Bridge of Spies hervorragend war, zu einem vergleichsweise differenziert aufspielenden Riesen – ein Vorteil gegenüber früheren Filmen mit diesem Verfahren, in denen weniger Nuancen und Zwischentöne zu finden waren. Wie Spielberg zudem das Land der Riesen und seine Bewohner in Bilder übersetzt hat, hat man so bisher noch nicht gesehen. Auch das hohe Niveau des Zusammenbaus von „realer“ und animierter Filmwelt erstaunt und könnte durchaus Vorbildfunktion erlangen. Wobei Spielbergs Perfektionismus und seine Technik- und Detailversessenheit sowieso seine Markenzeichen sind.

Weniger Überraschungen bieten hingegen die Narration und die emotionale Tonlage, die Steven Spielberg wählt: Ruby Barnhill hat ein typisches Spielberg-Gesicht und erinnert selbst in der Physiognomie an frühere kindliche Helden des Regisseurs. Überhaupt glaubt man sich – abgesehen von der technischen Brillanz – direkt in die 1980er Jahre zurückversetzt, in jene Zeit also, als sowohl Dahls Vorlage erschien als auch E.T. — Der Außerirdische in die Kinos kam, der Film, dem Spielberg mit BFG nachzueifern scheint.

Am schönsten ist BFG aber vor allem dann, wenn sich unter Spielbergs Pathos-Einlagen Roald Dahls typischer Erzählton die Bahn bricht. Das merkt man insbesondere, wenn der Engländer Dahl von der Begegnung des Riesen und der kleinen Sophie mit der leibhaftigen Königin von England erzählt und sich Spielberg in diesem Momenten völlig dem frechen Witz der Vorlage überlässt: Dank des Blubberwassers, das der Riese mit den Segelohren am allerliebsten trinkt und das er der Queen als Gastgeschenk überreicht, furzt nicht nur der gesamte Hofstaat und die versammelten Militärs, sondern auch die Monarchin höchstselbst lustige grüne Wolken. Und es sind genau diese Szenen, in denen Spielberg die perfekte Balance findet zwischen Kindlichem und einer zuvor selten bei ihm gesehenen Lust am Überzeichnen, am gutmütigen, fast schon satirisch zugespitzten Witz und an augenzwinkernden Frechheiten, die das übliche Pathos, ohne das auch BFG nicht auskommt, erheblich zu mildern verstehen.

BFG - Big Friendly Giant

Mit seinem Film „The BFG — Big Friendly Giant“ knüpft Steven Spielberg an Filme wie „E.T. — Der Außerirdische“ an und bietet nahezu perfekte Familienunterhaltung, bei der eigentlich nur der typische Spielberg-Touch stört.
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