Berlin Calling

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Titten, Techno & Trompeten oder Der Flug des Ickarus

Die Flugsymbolik des Films ist allgegenwärtig: Das beginnt bereits bei der Hauptfigur Martin Karow, die sich den Künstlernamen DJ Ickarus (Paul Kalkbrenner, der im wahren Leben als international renommierter Techno-DJ arbeitet) gegeben hat und endet bei kleinen Details wie dem Lufthansa-Aufkleber auf Ickarus’ Notebook. Zudem rückt der Film immer wieder Ickarus und seine Freundin Mathilde (Rita Lengyel) auf Flughäfen ins Bild, zeigt sie beim Warten auf den nächsten Flieger, beim Dösen im Wartebereich und auf dem Weg vom letzten oder zum nächsten Trip. Wobei Ickarus sein stressiges Leben immer häufiger durch Trips ganz anderer Art erträglich zu gestalten versucht – die Drogen nehmen immer mehr Platz ein. Ohne sie schafft er es kaum noch, dem Druck und den Erwartungen der Musikindustrie gerecht zu werden. Als die Produktion der neuen Platte bevorsteht und die Labelchefin Alice (Megan Gay) nicht zufrieden mit Ickarus’ Output ist, gerät der DJ über seinen Dealer Erbse (RP Kahl) an Ecstasy-Pillen, die ihn auf einen bösen Trip schicken und einen schizophrenen Schub bei ihm auslösen.
Prompt landet er in einer Klinik und soll sich einer Therapie unterziehen. Doch der DJ hat Probleme damit, die Finger von den Drogen zu lassen und sich einem Reglement wie dem der Psychiaterin Petra Pau (Corinna Harfouch) zu unterwerfen. Immer wieder rebelliert er gegen die Therapie, feiert Orgien in der Klinik und bricht aus, um sich erneut mit Stoff zu versorgen. Mit seinen Eskapaden gefährdet Ickarus alles, was seinem unsteten Leben bislang Sicherheit und Stabilität verlieh – seine Beziehung zu Mathilde, seinen Plattenvertrag, seine Kreativität…

Als Hannes Stöhrs (Berlin is in Germany, One Day in Europe) neuer Film vor kurzem auf der Piazza Grande des Filmfestivals von Locarno zu sehen war, war der Hauptdarsteller nach dem Film zur Stelle und verzauberte das Open-Air-Kino des Festivals nach Vorstellungsende in eine pulsierende Techno-Arena – die Rentner am Lago Maggiore dürften allerdings wenig begeistert gewesen sein. Soundmäßig gibt es also bei Berlin Calling voll was auf die Ohren. Kalkbrenners Tracks, die im August als Album mit dem Titel Berlin Calling erscheinen werden, brennen sich in die Gehörgänge und werden zumindest die Technofans unter den Zuschauern auf ihre Kosten kommen lassen. Aber auch wer mit elektronischer Musik nicht so bewandert ist, erhält einen Eindruck in die Vielfalt von Techno und den Schaffensprozess des Komponierens, Einspielens und Abmischens.

Neben dem überwältigenden Sounddesign ist der große Pluspunkt an Stöhrs Film mit Sicherheit seine Lebensnähe und Authentizität, die wohl auch auf das Mitwirken des DJs Paul Kalbrenner zurückzuführen sein dürfte, der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch den treibenden Soundtrack des Films besorgte. Sein Glaubwürdigkeit und sein engagiertes Spiel zwischen Friedrichshain-Hipness und Ost-Biographie inklusive einem Pastor als Vater machen aus diesem Film ein beinahe schon dokumentarisch anmutendes Porträt eines DJ-Lebens und eine letzten Endes recht bittere Bestandsaufnahme des Musik-Business mit all seinen Marketing-Blasen und schicken Verpackungen für Produkte, die eigentlich auf einen ganz schlichten Nenner zu bringen sind. „Titten, Techno & Trompeten“ soll Ickarus’ neue Platte nach seinem Willen eigentlich heißen. Doch so viel Ehrlichkeit macht sich im Wanderzirkus Musikbranche nicht gut, weshalb das Album schließlich den Titel erhält, den auch der Film trägt – Berlin Calling .

So ist es eben, das Musikbusiness: Höhenflüge, manchmal auch drogeninduzierte, sind hier genauso an der Tagesordnung wie Abstürze und Bruchlandungen. Und was heute hip ist, ist im Handumdrehen wieder out – Loyalität sucht man hier vergebens. Und das gilt für alle Beteiligten. Was den Helden von Stöhrs engagiertem, aber wenig überraschendem und teilweise am Ende etwas zu verspieltem Film von dem sagenhaften Ikarus aus der griechischen Mythologie unterscheidet, ist Folgendes: Während der antike Held aus dem Himmel stürzte, weil er zu nah an die Sonne flog, so dass das Wachs seiner Flügel schmolz, wird der Absturz seines Nachfolgers nicht durch höhere Mächte, sondern durch die schlichte Wucht der Drogen eingeleitet. Waren es früher die Götter, die die Höhenflüge der Menschen stoppten, ist es heute der Mensch selbst, der mit seinem Streben, es Gott gleich zu tun, seinen eigenen Absturz verursacht. Insofern ist Berlin Calling allen Exzessen zum Trotz ein zutiefst moralischer Film.

Berlin Calling

Die Flugsymbolik des Films ist allgegenwärtig: Das beginnt bereits bei der Hauptfigur Martin Karow, die sich den Künstlernamen DJ Ickarus (Paul Kalkbrenner, der im wahren Leben als international renommierter Techno-DJ arbeitet) gegeben hat und endet bei kleinen Details wie dem Lufthansa-Aufkleber auf Ickarus’ Notebook.
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Meinungen

Akademiker · 29.09.2012

Ich verstehe nicht wie man diesen Schlechtesten Film aller Zeiten nur gut finden??? Sowas finden nur unterbelichtete Hauptschüler gut!!! Der film ist schlecht gemacht! Zeigt eine unrealistische Seite schlechtes Bild und Kameraführung! Was soll der Schrott??? Dann kommen die ganzen Junkies die auf Crack sind und schreiben ja der war toll!
P.S. Ich war nüchtern und ohne Drogeneinfluss als ich diesen Film geschaut habe!!!
Scheiss Junkies kommt klar in euren Leben dies ist eine der schlechtesten deutschen Produktionen!

eve · 20.09.2009

wo bekomme ich bloß diese folie für meinen laptop her mit dem lufthansa-logo und den vielen bunten aufklebern??? will das auch! kann man das nicht als merchandising an den mann bringen?

SakiW · 10.09.2009

megaaaaaaaaa beste film aller zeiten =)=)=)

faby · 24.05.2009

einfach porno .. mehr brauch ich nicht sagen .. einfach porno

Thomas F. · 16.01.2009

Hab den Film letzte Woche im Cinestar Bielefeld gesehen. War zum dritten Mal in meinem Leben alleine im Kino. Konnte daher auch mal aufstehen zum Tanzen. Hut ab ! Sehr geiler Film ... Ein alter (jetzt nicht mehr feiernder) Omen/Hanomag/Tresor/Ultraschallgänger

JD · 06.12.2008

Ein großartiger Film mit einem hammer Sound, total authentisch, realistisch und dank toller Darsteller, allen voran Paul Kalkbrenner als DJ und Corinna Harfouch als Psychotherapeutin, glaubwürdig und perfekt rübergebracht. Selbst für Leute die keine Elektro-Fans sind, ist dieser Film sehr gut anzuschauen. Grandioses Werk!

Ralf (Berlin) · 20.10.2008

Volle Punktzahl. Es fällt einem erst einmal schwer, bei diesen Beats auf dem Stuhl sitzen bleiben zu müssen. In diesem Film werden Drogen nicht verherrlicht, obwohl sie eine zentrale Rolle spielen- im Gegenteil: Zum Schluss wird deutlich: MUSIC is the only drug! Kann den Film jedem empfehlen, der die Party- und Technokultur lebt oder kennenlernen möchte!

Spass AG · 14.10.2008

ein super Film! total geil dargestellt und sehr realistisch.Kann ich jedem nur empfehlen der sich angestsprochen fühlt.

· 12.10.2008

wenn man nur ein bisschen elektro musik mag und paul kalkbrenner ist der film nur wärmstens zu empfehlen!!Also ich liebe beides uns ich bin begeistert hab mir auch gleich den OST "Berlin Calling"zu gelegt^^man fühlte sich im kino wie im club,zuuu geil!!und dann noch dieses wichtige thema "nebenbei"durchzunehmen...der hammer gut gemacht!!

svenchen · 11.10.2008

wirklich toller Film, kann jedem, der nicht elektronische Musik hasst diesen Film wärmstens ans Herz legen!

Snacki · 09.10.2008

Gar nicht so schlecht. Hat einen guten Sog, wenn auch die Geschichte das ein oder andere Mal hackt.

cbs · 03.10.2008

Auch für Elektroneueinsteiger sehr empfehlenswert. Viel Spass damit......

Marci · 21.09.2008

hab den film in locarno gesehen: total geil, kann ich nur empfehlen xxxm//