Beat Beat Heart

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Sergeant Mumblecore's Lonely Hearts Club Band

Lana Cooper ist halt phänomenal. Wie sie damals in Love Steaks die vollkommen lockere, unheimlich angespannte, total coole, verbissen alkoholsüchtige Köchin gespielt hat … Oder jetzt in Beat Beat Heart: wo sie wieder das Verspielte, das Kindlich-Kindische vor sich herträgt, um die seelischen Wunden und Abgründe zu verbergen. Wenn’s in der Beziehung nicht so recht läuft, wird halt Verstecken gespielt, wenn die Depression des Liebeskummers zuschlägt, legt sie sich auf die Eisenbahngleise und spielt Titanic nach. So ist alles, was Lana Cooper in ihrer Rolle als Kerstin tut (oder lässt), mindestens doppelbödig, ein ewiger Unernst, um sich nicht vom Leben erschlagen zu lassen … Luise Brinkmann hat Beat Beat Heart nach allen Regeln der German-Mumblecore-Kunst gedreht, ein Sommer-Feelgood-Movie mit eingebautem Liebeskummer-Reigen, wenn die Mama ins Hotel Tochter einzieht und allerorten die Liebe in Scherben daliegt.
Kerstin hält sich in einer WG über Wasser, trauert heftig dem verlorenen Thomas nach, der sie hat sitzen lassen, sie und das gemeinsame Projekt, aus einem alten Bahnhofsgebäude einen Veranstaltungsraum herauszurenovieren, ach, all die Träume von herrlichen Sommerkinoabenden für die gesamte Dorfgemeinschaft … Dann steht Mama Charlotte auf der Matte, die erstmal tapfer lächelnd ihre Verzweiflung leugnet, heimlich auf dem Klo aber hofft, mal was anderes als die Mailbox von ihrem frisch verlassenen Ex dranzukriegen. Doch der Mann, den sie hinter sich gelassen hat, meldet sich einfach nicht, ist der gar nicht traurig? Und überhaupt, Kerstin soll eigentlich mal über die Sache mit Thomas hinwegkommen. Kurzerhand zieht Charlotte bei Kerstin ein, auf die Bühne hinter dem Plastikvorhang auf der Baustelle, die mal zum Kino werden soll.

Die Nachbarn: Ein junges Pärchen, das abends zum Essen rüberkommt. Hier wird locker geplaudert, reichlich improvisiert – doch in all der dialogischen Lässigkeit mischt sich der Stachel der Eifersucht bei Franzi ein, weil ihr Paul mittags mit Kerstin Bauschutt verräumt hat. Und unversehens driftet das Gespräch zur Frage von ewiger Liebe oder ewiger Illusion von Liebe, und Paul entpuppt sich als hoffnungsloser Romantiker, genau wie Kerstin; im Folgenden erleben wir – unter anderem – die allmähliche Annäherung der beiden mit. Aber das ist gar nicht die Hauptsache an dem Film.

Neben dem Finden der Liebe steht das Überwinden der Vergangenheit. Immer wieder träumt Kerstin von Thomas, von der superromantischen, supergemeinsamen Zeit, die sich mehr und mehr als Wunschtraum entpuppt, der so nie stattgefunden hat. Währenddessen wird Paul Knall auf Fall von seiner Franzi verlassen; und die Frau Mama sucht sich neue Männer, angestachelt von Kerstins Mitbewohnerin, die jeden Abend einen neuen in der Kiste hat. Sehnsucht macht unfrei, ist deren Motto – Liebe lässt sie nicht an sich ran, wozu gibt es denn Finder, diese dolle Flirt-App. Sie überzeugt Charlotte von dieser neuen Art des Kennenlernens, schließlich gibt es auch eine Sektion 50+. Und auch hier erweist sich die Regisseurin als ganz große Bilderfinderin: Das Treiben in der App wird bebildert mit Männern im Wald, die Charlotte einfach mal antippt. Dann anredet. Dann einlädt. Und auch mal landet.

Luise Brinkmann entstammt nicht direkt dem Berliner Mumblecore-Umfeld; dies ist ihr Abschlussfilm der IFS Köln. Allerdings hat sie bei Tom Lass’ Impro-Workshops mitgemacht, und sie hat ihren Film dezidiert in der Lass- und Ranisch-Tradition inszeniert: Wo das Tragische leichtgenommen wird und das Leichte zum Tragischen wird, das Ganze im Ensemblegeist improvisiert als großes Gemeinschaftsprojekt. Und das ist es auch, was hier untergründig immer mitschwingt: Die Community, die sich in stetem Wandel befindet, aber doch in sich die gleiche bleibt, ob nun die Mama dazukommt oder die Nachbarin sich selbst rauskegelt. Mit all den furchtbaren persönlichen Problemen scheinen die Protagonisten doch nie ganz allein zu sein. Kein Wunder, dass das Finale des Films auf einem Dorffest spielt. Und kein Wunder, dass Beat Beat Heart auf dem Filmfest München mit dem Nachwuchs-Sonderpreis für Ensemblegeist und Energie ausgezeichnet wurde.

Beat Beat Heart

Lana Cooper ist halt phänomenal. Wie sie damals in „Love Steaks“ die vollkommen lockere, unheimlich angespannte, total coole, verbissen alkoholsüchtige Köchin gespielt hat … Oder jetzt in „Beat Beat Heart“: wo sie wieder das Verspielte, das Kindlich-Kindische vor sich herträgt, um die seelischen Wunden und Abgründe zu verbergen.
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