Anni Felici - Barfuß durchs Leben

Eine Filmkritik von Falk Straub

Wunderbare Jahre

In seinem jüngsten Film packt Daniele Luchetti Happenings, Zoff und Feminismus in einen sorglosen Sommer. Anni Felici – Barfuß durchs Leben ist ein nostalgisch gefärbter Blick auf eine Jugend in den 1970ern – oft schonungslos und dennoch versöhnlich.
Dario (Samuel Garofalo) braucht eine Abkühlung. Als seine Eltern in einem Straßencafé in einen hitzigen Streit verfallen, springt der Präpubertäre ins gegenüberliegende Hafenbecken. Ein stummer Protest gegen die freie Erziehung der 1970er Jahre, die für Dario und seinen jüngeren Bruder Paolo (Niccolò Calvagna) eine stete Zumutung bedeuten. Darios Abtauchen bildet die erzählerische Klammer in Daniele Luchettis Tragikomödie Anni Felici – Barfuß durchs Leben, die fast zwei Jahre nach ihrem Start in Italien nun auch den Weg in die deutschen Kinos finde.

Die Ausgangslage erinnert ein wenig an einen anderen italienischen Film, der ein Heranwachsen unter dem Dauerfeuer elterlicher Gefechte behandelt: Asia Argentos Missverstanden. Auch bei Luchetti heißt der Vater Guido (Kim Rossi Stuart) und ist ein selbstverliebter Künstler, der Privates und Berufliches stets trennt und seine Familie damit vor den Kopf stößt. Gleichermaßen stehen bei Luchetti die Kinder stets hintenan, wenn die Eltern sich auf die Suche nach sich selbst begeben. Anders als bei Argento ist die Mutterfigur jedoch von einer bedingungslosen Liebe zu ihren Kindern erfüllt. Serena (wunderbar hingebungsvoll: Micaela Ramazzotti) lebt nur für ihre Familie. Die eigenen Bedürfnisse ordnet sie der (erfolglosen) Karriere ihres Mannes unter. Zwar kann sie mit Kunst nichts anfangen, doch ist sie verrückt nach dem Künstler, wie es Dario als Erzähler des Films formuliert. Als sie auf Helke (Martina Gedeck) trifft, Guidos Galeristin und ihres Zeichens Feministin, steigt Serena im übertragenen wie im wörtlichen Sinn aus – und Guido erkennt, was ihm seine Frau bedeutet.

Nach Mein Bruder ist ein Einzelkind (2007) und La nostra vita (2010) erzählt Daniele Luchetti zum dritten Mal in Folge eine Familiengeschichte – dieses Mal, leicht abgewandelt, seine eigene. Der 1960 in Rom geborene Regisseur inszeniert die wilden Siebziger konsequent aus Darios Sicht. Eine freie Erziehung, die die Kinder als gleichberechtigte Partner an allen noch so harten Familiendiskussionen beteiligt, gehört ebenso dazu wie ein feministisches Sommercamp im französischen Süden. Hier lernt Dario seine Liebe zu Mädchen und dank seiner Super-8-Kamera auch zum Film kennen. Einige Szenen hat Luchetti mit eben jener Kamera gedreht, die er als Junge von seinen Eltern geschenkt bekommen hat. Auch den Rest der Tragikomödie taucht Claudio Collepiccolo in seinen 35mm- und 16mm-Bildern häufig in ein sonnendurchflutetes Licht, das an das alte Trägermaterial erinnert und die Geschichte auch auf der formalen Ebene nostalgisch einfärbt. Trotz aller Zumutungen erkennt schließlich auch Dario in der Rückschau: Es waren anni felici, glückliche Jahre.

Anni Felici - Barfuß durchs Leben

In seinem jüngsten Film packt Daniele Luchetti Happenings, Zoff und Feminismus in einen sorglosen Sommer. „Anni Felici – Barfuß durchs Leben“ ist ein nostalgisch gefärbter Blick auf eine Jugend in den 1970ern – oft schonungslos und dennoch versöhnlich.
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