Alte Jungs (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Vier rüstige Halunken

Wenn Nuckes (André Jung) über die Flure stiefelt, das Funkgerät in der rechten, eine Stange Kippen in der linken Hand, fühlt er sich wie der Sheriff seines Altenheims. Der Schlüsselbund an seiner Bluejeans klimpert im Takt des Banjos und der Mundharmonika. Mit den Regeln nimmt es der 65-jährige Pförtner nicht so genau. Seinen alten Chevrolet Beauville Sportvan mit aufgespraytem Cowboymotiv parkt er demonstrativ auf dem Platz der Chefin (Fabienne Elaine Hollwege), unter deren Augen er Verbotenes in die Zimmer schmuggelt. Statt auf den Überwachungsmonitor schaut er in seinem kleinen Kabuff tagein tagaus lieber alte Western. Als ihn erst seine Vorgesetzte und kurz darauf seine Frau Henriette (Monique Reuter) vor die Tür setzt, tun es ihm die Bewohner Fons (Marco Lorenzini) und Lull (Pol Greisch) gleich. Gemeinsam mit Nuckes Kumpel Jängi (Fernand Fox), dessen Datsche einer Neubausiedlung weichen soll, und Lulls Schwarm Nelly (Josiane Peiffer) wollen sie eine Wohngemeinschaft gründen, in der Zigaretten und die eigene Meinung auf dem Einkaufszettel stünden. Wenn das Leben im Ländchen der Banken und Versicherungen nur nicht so teuer wäre …

In seiner jüngsten Komödie pfeift Regisseur Andy Bausch gemeinsam mit seinen Figuren auf Political Correctness. Seine rüstigen Rentner schimpfen, rauchen und trinken, im Schrebergarten wie beim Friseur. Mit Frauen, ob auf Augenhöhe oder in Führungspositionen, hat jeder so seine Problemchen. Doch längst nicht alle sind so chauvinistisch wie der olle Fons. Ihr Trotz richtet sich gegen die Bevormundung im Allgemeinen. Doch der Aufstand der Alten verläuft schnell im Sand, während Bausch so manchen erzählerischen Seitenweg einschlägt und seine Zuschauer ein ums andere Mal auf die falsche Fährte lockt. Denn Alte Jungs präsentiert weder den turbulenten Alltag einer Senioren-WG noch den spannenden Beutezug einer reifen Gaunerbande. Für die angestrebte Immobilie fehlen Nuckes & Co. schlicht das Geld, das seine ebenso betuchte wie betagte Tante liefern soll. Doch bevor die vier Halunken auf Diebestour gehen können, stirbt die Verwandte einfach weg.

Trotz all der Anspielungen auf den Western ist Alte Jungs nicht das luxemburgische Pendant zum belgischen Das Ende ist erst der Anfang. Dafür ist Andy Bausch längst zu geerdet. Der Regisseur, der abseits der deutschen Fernsehlandschaft (Doppelter Einsatz, Balko, u.a.) und seiner Arbeit als Dokumentarfilmer konsequent auf Lëtzebuergesch dreht und im Großherzogtum damit Hits wie Troublemaker (1988) oder Le Club des Chômeurs (2002) landete, zeigt das Leben, wie es ist. Bevor die Handlung eine fantasievolle Wendung nehmen kann, kommt ihr der öde Alltag dazwischen. Ein bisschen ist der Film wie das Land, in dem jeder jeden kennt: gemächlich und gemütlich. Während die Komik in Bouli Lanners‘ Das Ende ist erst der Anfang aus dem Missverhältnis entspringt, im beschaulichen Belgien auf Belgier in bester Wildwestmanier zu treffen, resultiert sie bei Bausch daraus, dass seine Figuren dem Abgleich mit den Vorbildern nicht standhalten. Die großen Gesten und coolen Sprüche der von Nuckes verehrten Cowboys stellen sich im Alltag schnell als heiße Luft heraus.

Dementsprechend lacht das Publikum mal mit, mal über die Figuren. Gerade ihre Unzulänglichkeiten, die so gar nicht mehr in unsere Zeit passen wollen, machen die alten Männer glaubwürdig. Im Grunde ihres Herzens sind sie denn auch liebenswerte Burschen, die sich die alten Zeiten keineswegs zurück-, sondern lediglich mehr Respekt von ihren Familien und der Gesellschaft wünschen. Ganz nebenbei behandelt Andy Bausch in seiner Komödie soziale Fragen in einem der reichsten Länder der Welt, das sich weder die im Film an allen Ecken und Enden ironisch auftauchenden Portugiesen, die den größten Ausländeranteil in Luxemburg stellen, noch die alten Einheimischen um Nuckes leisten können. Das Ensemble um André Jung gibt dieser Generation ein starkes Gesicht und Andy Bausch seinen Zuschauern mit einer gelungenen Schlusspointe doch noch eine unerwartete Kommune.
 

Alte Jungs (2017)

Wenn Nuckes (André Jung) über die Flure stiefelt, das Funkgerät in der rechten, eine Stange Kippen in der linken Hand, fühlt er sich wie der Sheriff seines Altenheims. Der Schlüsselbund an seiner Bluejeans klimpert im Takt des Banjos und der Mundharmonika. Mit den Regeln nimmt es der 65-jährige Pförtner nicht so genau. Seinen alten Chevrolet Beauville Sportvan mit aufgespraytem Cowboymotiv parkt er demonstrativ auf dem Platz der Chefin (Fabienne Elaine Hollwege), unter deren Augen er Verbotenes in die Zimmer schmuggelt.

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