Aloha - Die Chance auf Glück (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Verloren im schönen Hawaii

Cameron Crowe hat mich überzeugt: „Aloha“ muss auf Hawaiianisch ungefähr „Was zur Hölle ist hier los?“ bedeuten. Das erste „Aloha“ des Filmes hört die Hauptfigur Brian Gilcrest (Bradley Cooper), als er nach Jahren der Abwesenheit wieder in Hawaii landet. Die obligatorische Blumenkette gibt es noch inklusive, danach hört der herzliche Empfang aber auch schon auf und es beginnt ein Film, der ganz viele Filme auf einmal sein möchte.

Versuchen wir einmal, Crowes Werk auseinander zu pflücken. Zum einen möchte Aloha — Die Chance auf Glück ein dramatischer Film sein. Brian war in der Armee, bis diese mehr und mehr von privaten Unternehmen benutzt und aufgekauft wurde. Er entschied sich, dort mitzumachen und ließ sich als privater Waffenlieferant von Großunternehmer Carson Welch (Bill Murray) anheuern. Seine Army-Kollegen in Hawaii, wo er jahrelang stationiert war, finden das natürlich nicht gut, zumal Brian gerade frisch zusammengeflickt aus Afghanistan wiedergekommen ist, wo er beim Schmuggeln einer Rakete verletzt wurde. Brian hat seine Seele an den Teufel verkauft und sie bei diesem Handel verloren. Weder seine Prinzipien, noch seine Träume hat er behalten — und so driftet nun er von Tag zu Tag, ohne große Erwartungen.

Aloha ist aber auch ein Thriller, denn Brian ist in Hawaii, um Welch dabei zu helfen, eine Rakete mit einem Satelliten von einer Air Force Basis zu starten. Doch Brian merkt, dass Welch hier Dubioses und Gefährliches vorhat. Es stellt sich die Frage: Wie kann sich ein Mann wie er, der seinen moralischen Kompass schon lange verloren hat, damit umgehen?

Und Aloha ist natürlich auch eine romantische Komödie. Denn wie schon in Crowes früherem Film Elizabethtown gibt es auch hier eine amouröse Begegnung von einiger Tragweite: Brian, der Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs, trifft auf eine quirlige Blondine, die sein Leben umkrempelt. Diesmal ist es Allison Ng (Emma Stone), Brians Air Force Liaison. Diese kommt zuerst sehr ernst und streng daher, lässt aber alsbald ihr Haar und ihre Persönlichkeit offen flattern und erinnert Brian daran, wie es ist, für etwas einzustehen. Und wer bis hier noch nicht erschöpft oder verwirrt ist, dem sei noch erzählt, dass Aloha auch noch ein Melodram ist, denn Brian hat auf der Insel noch eine Ex-Freundin. Tracy (Rachel McAdams) ist aber mittlerweile mit einem ehemaligen Kollegen verheiratet. Brian und Tracy haben sich nie über das Ende ihrer Beziehung ausgesprochen, denn Brian ist einfach gegangen. Doch Tracy, deren Ehe zur Zeit auf dem Spiel steht, hat ein Geheimnis, das sie Brian unbedingt anvertrauen möchte.

Wenn der letzte Absatz in seiner pompösen Länge nur den Kurzinhalt dieses Filmes wiedergibt, dann spätestens weiß man, dass mit Crowes Film etwas nicht stimmt. Und tatsächlich ist Aloha völlig überfrachtet, dadurch hochgradig kompliziert und verfahren. Denn der Film vermag keine dieser Geschichte kohärent von Anfang bis zum Ende zu erzählen. Wiederholt muss man sich als Zuschauer fragen, was jetzt gerade los ist und wieso bestimmte Figuren so abrupt und ohne ersichtlichen Grund ihre Persönlichkeit verändern. Aus Allison wird so beispielsweise innerhalb weniger Szenen ein Manic Pixie Dream Girl, also eine stets fröhliche, verrückt-süße junge Frau. Und das, obwohl Ng erstens als sehr korrekte, zurückhaltende und strenge Air Force Pilotin eingeführt wird und zweitens hochdekoriert und karriereorientiert ist und eigentlich keinen Grund hat, unvermutet zu einem kleinen Mädchen zu mutieren. Doch sie tut es für Brian. Warum, das weiß man nicht, weder forciert er es, noch gibt es Anzeichen dafür, dass solch eine Verwandlung nötig wäre. Doch die Liebe macht aus Menschen bekanntlich Idioten — und das trifft im Falle dieses Filmes ganz besonders deutlich zu. Am schlimmsten aber vertut sich Crowe mit seinen Dialogen, für deren Güte und Treffsicherheit er bislang eigentlich bekannt war.

Doch Aloha ist so überzogen, dass man das Gefühl hat, es handle sich um einen satirischen Film, der sich über die liebestrunkenen Crowe-Dialoge á la „Du vervollständigst mich“ lustig macht, indem er sie völlig Sinn entleert und ad absurdum führt. Man kann der Hälfte dieser Liebesgespräche inhaltlich nicht folgen, denn sie machen einfach keinen Sinn. Sie sagt etwas Komisches, er antwortet etwas Unzusammenhängendes — und plötzlich küssen sie sich. Und der Zuschauer staunt und fragt sich: Aloha?

Aber zum Glück gibt es ja noch das schöne Hawaii. Diese tollen polynesischen Inseln mit dem Hula-Tanz, den Ukulelen, den Einheimischen in…. oh Moment, irgendwie sind in diesem Film fast nur Weiße zu sehen. Naja und Emma Stone natürlich, die hier mehrmals laut betont, dass sie zu einem Viertel Hawaiianerin und zu einem weiteren Viertel Chinesin sein soll. Emma Stone? Chinesin? Ja, schon die reine Behauptung reicht offensichtlich, um die Diversitätsquote Hollywoods zu erfüllen. Aber wo sind die wirkliche Hawaiianerinnen? Bei Crowe finden sie da statt, wo indigene Völker eben schon seit Hunderten von Jahren stattfinden: Am Rande und im Klischee. Ein bisschen dürfen sie hier vorkommen auf ihrer eigenen Insel und singen und Musik machen, einen kleinen Ratschlag geben und eine Zeremonie abhalten. Aber das war’s dann auch schon, schließlich gibt es hier noch ganze viele Geschichten der weißen Mittelschicht zu erzählen.

Was soll man nur aus einem Film wie diesem machen? Selbst mit viel Wohlwollen und Liebe für Cameron Crowe ist er schwer zu verstehen und ebenso schwer zu ertragen. Da hilft auch das gut gecastete Ensemble nicht weiter. Aloha bleibt ein großes Rätsel. Ein Film mit einem bitteren Nachgeschmack, nach dessen Ende man sich den Kopf kratzt und verwundert fragt: Was zur Hölle war hier los?
 

Aloha - Die Chance auf Glück (2015)

Cameron Crowe hat mich überzeugt: „Aloha“ muss auf Hawaiianisch ungefähr „Was zur Hölle ist hier los?“ bedeuten. Das erste „Aloha“ des Filmes hört die Hauptfigur Brian Gilcrest (Bradley Cooper), als er nach Jahren der Abwesenheit wieder in Hawaii landet. Die obligatorische Blumenkette gibt es noch inklusive, danach hört der herzliche Empfang aber auch schon auf und es beginnt ein Film, der ganz viele Filme auf einmal sein möchte.

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