Kaffee mit Milch und Stress (2014)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Der Alte, der den Tag ruiniert

Nachdem die schwedische Filmindustrie vorgemacht hat, wie erfolgreich Filme mit grantigen alten Männern sind, hat zunächst Norwegen mit Ein Mann namens Ove nachgezogen und nun lässt Finnland The Grump auf das Publikum los. Der internationale Titel von Dome Karukoskis Film ist Programm: Antti Litja spielt den Griesgram, der noch nicht einmal einen Namen hat, sondern im Finnischen schlichtweg als ‚Mielensäpahoittaja‘, im Deutschen als ‚Der Alte‘ bezeichnet wird. Er hat keine Lust auf das moderne Leben, denn – gemäß dem alternativen deutschen Titel: Früher war alles besser. In diesem Fall bezieht sich ‚früher‘ auf die Zeit vor 1953. Aber die Gegenwart macht auch vor dem Alten nicht halt. Sein jahrzehntealtes Auto gibt langsam den Geist auf, außerdem ist er auf seinem Hof auf dem Land gestürzt und muss nun in Helsinki zur Physiotherapie. In dieser Zeit wohnt er gezwungermaßen bei seinem Sohn (Iikka Forss) und dessen Familie, wobei die drei Töchter vorsichtshalber bei Freundinnen untergebracht sind. Denn der Alte hasst alles – und meckert den gesamten Tag über die Großstadt, dass er mit dem Taxi fahren muss, sein Sohn immer noch Tretroller fährt und seine Schwiegertochter (Mari Perankoski) nicht nur Karriere macht, sondern scheinbar auch zu Hause das Sagen hat.

Basierend auf einer finnischen Buch- und Radioreihe von Co-Drehbuchautor Tuomas Kyro erzählt Kaffee mit Milch und Stress von dem Zusammenprall eines alten Mannes mit der modernen Welt. Hierfür reiht er allerlei Zusammenstöße aneinander, die lediglich durch die Abneigung des Alten und das permanente, in der Synchronisation durch Rainer Basedow zudem überlaute Granteln der Hauptfigur verbunden werden. Im Gegensatz zu dem Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand gibt es hier keine skurrilen Versionen historischer Ereignisse, anders als in Kill Billy fehlt dem Verhalten der Hauptfigur ein anderer Unterbau als dessen Abneigung gegen die Welt, wie sie heute ist, und im Vergleich zu dem norwegischen Hier ist Harold gibt es keine über das Motzen hinausgehende Charakterzeichnung. Vielmehr verursacht der ‚Mielensäpahoittaja‘ schlichtweg Ärger und Durcheinander und gibt sich noch nicht einmal Mühe, mit der Welt oder seiner Familie zurechtgekommen. Er offeriert Ratschläge und Bemerkungen, die niemand will, pflegt seine Vorurteile und macht insbesondere seiner Schwiegertochter das Leben schwer, die gerade einen wichtigen Geschäftsabschluss mit Russen vorbereiten muss. Ausgerechnet. Schließlich hat ein Mann aus der Generation ihres Schwiegervaters ein Verhältnis zu den Nachbarn, das mit ambivalent noch beschönigend umschrieben wird.

Doch auch aus diesem Ansatz macht der Film wenig. Deshalb ist er allenfalls eine Erinnerung daran, wie anders das Leben früher war und welche Anpassungsleistung ältere Generationen vollbringen mussten. Immerhin hat der Alte den Zweiten Weltkrieg, Finnlands Lage zwischen Europa und der Sowjetunion, das Ende des Kalten Krieges erlebt und muss nun mitansehen, wie sein Sohn kaum mehr in der Lage ist, die Dachrinnen zu reinigen und seine Enkelkinder verwöhnt. Jedoch reduziert der Film diesen Zusammenprall auf das Unverständnis des Alten gegenüber des Modernen und die Ungeduld der Jungen gegenüber der Störrigkeit des Alten. Dabei ist ja noch ganz lustig, wie verstört der alte Mann darauf reagiert, dass die jungen Leute nun lieber Kräutertee statt Kaffee trinken. Hinzu kommen aber auch noch Meckereien im Stil des „Das wird man doch noch sagen dürfen“, erklingen aus dem Off beständig die Nörgeleien des Alten und gibt dieser seinem Sohn Tipps für seine Ehe, die ebenfalls aus der Zeit vor 1953 stammen, hier aber einen unangenehmen Nostalgie-Bonus erhalten. Wenn im zweiten Teil des Films ein emotionaler Unterbau hinzukommt, ist leider kaum mehr Interesse für die stetig meckernde Hauptfigur vorhanden. Denn in diesem Film ist fast alles zu einfach, zu simpel und letztlich auch zu wenig berührend.
 

Kaffee mit Milch und Stress (2014)

Nachdem die schwedische Filmindustrie vorgemacht hat, wie erfolgreich Filme mit grantigen alten Männern sind, hat zunächst Norwegen mit „Ein Mann namens Ove“ nachgezogen und nun lässt Finnland „The Grump“ auf das Publikum los.

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Meinungen

Helene Sansonnetti · 01.09.2016

Hallo,

Ein Mann der Ove heisst war ein Film aus Schweden, nicht aus Norwegen.

Beste Grüsse

Hélène C. Sansonnetti