Freiland

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Neuer Staat, alte Probleme

Deutschland steckt politisch und wirtschaftlich in der Krise. Da versteht es sich, dass man als Mensch, der sich nicht einfach in sein Geschick ergeben und blind den Entscheidungsträgern des Landes vertrauen möchte, „etwas tun“ muss. Niels Deboos (Aljoscha Stadelmann) – der Protagonist in Moritz Laubes Polit-Satire Freiland – reagiert überaus durchgreifend auf die verdrießliche Lage der Nation: Er gründet kurz entschlossen einen eigenen Staat (im Staat).
Nachdem er bei einem Ausflug zu einer Demonstration seine Schüler in Gefahr gebracht hat und darüber hinaus schwer am Auge verletzt wurde, verliert Niels seine Stelle als Deutsch- und Geschichtslehrer. Inspiriert von den Worten des mäßig erfolgreichen Ratgeber-Autors Christian Darré (Matthias Bundschuh) wagt der Arbeitslose den Neuanfang und ruft „Freiland“ ins Leben: einen antikapitalistischen Staat in der Brandenburger Provinz, in einem alten, heruntergekommenen Schloss, das auf einem großen Grundstück steht. Bald finden sich dort diverse enttäuschte, zerrüttete oder schlicht neugierige Existenzen zu einer Kommune zusammen. Die Freiland-Flagge wird gehisst und die staatseigene Hymne gespielt; ferner werden Pässe gedruckt und Ministerposten vergeben – und auch ein Botschafter wird ernannt. Doch rasch weicht die Gründungseuphorie handfesten Schwierigkeiten – denn Freiland ist pleite und der Vorrat an Konservenbüchsen aufgebraucht. Überdies hat der Bürgermeister des Ortes (Stephan Grossmann) seine folgsame Sekretärin Nana (Henrike von Kuick) in die Gruppe eingeschleust…

Der Drehbuchautor und Regisseur Moritz Laube zeichnet hier ein denkbar pessimistisches Bild des Versuchs der Selbstverwaltung: Niels entwickelt sich zum Tyrannen, Christian wird (nicht nur) seiner Illusionen beraubt – und das Projekt „Freiland“ erweist sich als Rundum-Debakel. Ehe der Film ins Finstere umschlägt, wartet er allerdings mit bitterbösem Humor und einer gehörigen Portion Absurdität auf. Wenn z.B. Niels seine groteske Idee von wöchentlichen „Reproduktionsabenden“ mit ausgelosten Paarungen (zum gemeinschaftlichen „Generieren“ von Nachwuchs) verlautbart und diese Idee dann einvernehmlich umgesetzt wird, ist das auf gruselige Weise witzig bzw. auf witzige Weise gruselig. Ebenso sind die „Bewerbungsgespräche“ der Freilandbürger-Anwärter sowie die sketchartigen Szenen zwischen der seltsam entrückten Nana und dem fahrigen Bürgermeister Rast äußerst amüsant. Bei aller komischen Zuspitzung ist gleichwohl auch das Anliegen erkennbar, in vielem an das aktuelle hiesige Geschehen in Politik und Gesellschaft anzuknüpfen (etwa an das Wutbürgertum in Zusammenhang mit Stuttgart 21).

Die improvisierenden Schauspieler machen ihre Sache gut. Aljoscha Stadelmann, der mit Augenklappe und im Siff-Look einen zunehmend abscheulichen Staatschef gibt, spielt mit Verve und frei von allem Sympathieheischen. Mit Matthias Bundschuh bildet er ein interessantes „odd couple“ – wobei Bundschuhs Rolle etwas zutiefst Anrührendes an sich hat. Die übrigen Figuren bleiben eher unscharf; insbesondere von der leicht lethargisch auftretenden Henrike von Kuick hätte man gern noch mehr gesehen. Im Ganzen ist Freiland eine pointierte, fies-lustige Betrachtung menschlichen (Fehl-)Verhaltens in Zeiten der Politikverdrossenheit.

Freiland

Deutschland steckt politisch und wirtschaftlich in der Krise. Da versteht es sich, dass man als Mensch, der sich nicht einfach in sein Geschick ergeben und blind den Entscheidungsträgern des Landes vertrauen möchte, „etwas tun“ muss. Niels Deboos (Aljoscha Stadelmann) – der Protagonist in Moritz Laubes Polit-Satire „Freiland“ – reagiert überaus durchgreifend auf die verdrießliche Lage der Nation: Er gründet kurz entschlossen einen eigenen Staat (im Staat).
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