Flowers of Freedom

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

"Wir sind nur Mädchen. Mutige Mädchen"

Flowers of Freedom beginnt mit einem bedrohlichen Bild: Eine Reihe von Lastkraftwagen rauscht durch das Dorf Barskoon in der zentralasiatischen Republik Kirgistan. Die Bedrohlichkeit, die man beim Anblick dieser ersten Einstellung empfindet, ist eine ganz reale – denn die Fahrzeuge transportieren Zyanid. Mit der hochgiftigen Chemikalie wird in der nahegelegenen Mine der „Kumtor Operating Company“ Gold aus dem Gestein gelöst. 1998 kam es in der Gegend zu einem LKW-Unfall, bei dem 1,7 Tonnen Natrium-Zyanid in den Fluss von Barskoon gelangten. Viele Bewohner erkrankten daraufhin schwer; einige starben. Die Kölner Ethnologin, Regisseurin, Kamerafrau und Produzentin Mirjam Leuze erzählt in ihrem Dokumentarfilm vom Kampf für die Rechte der Opfer und ihrer Angehörigen.
Im Zentrum des Werks steht Erkingül Imankodjoeva, die angesichts des Unfalls und seiner Folgen gemeinsam mit ihrer Schwester die Umweltorganisation „Karek“ (zu Deutsch „Pupille“) gründete. Angefangen im Jahre 2008, fängt Leuze das Wirken von Erkingül Imankodjoeva und einiger ihrer Mitstreiterinnen ein – und zeigt so einen beeindruckenden Werdegang. Als die kirgisische Regierung unter Präsident Bakiev im Zuge der Revolution im Frühjahr 2010 stürzt, schafft die Umweltaktivistin bei der anschließenden Wahl sogar den Sprung ins Parlament. Dennoch werden ihr auch in dieser Position noch Steine in den Weg gelegt.

Mirjam Leuze gelingt es in Flowers of Freedom, Nähe zu ihrer Hauptprotagonistin sowie den weiteren „Karek“-Aktivistinnen herzustellen. Dank eines Studienaufenthalts in den 1990er Jahren beherrscht Leuze die kirgisische Sprache; sie begleitete Erkingül Imankodjoeva und die anderen Frauen ohne Filmcrew. Reizvoll ist, dass in der fertigen Fassung Momente enthalten sind, in denen die Entstehung des Films deutlich wird – wenn Leuze beispielsweise vor die Kamera geholt wird, damit sie durch ein Fernglas blicken kann, oder wenn sie von einer „Karek“-Anhängerin gefragt wird, ob das Make-up, das sie für eine Feierlichkeit aufgetragen hat, sitze. Leuze kombiniert ihre Aufnahmen mit Material, das Erkingül Imankodjoeva und die anderen bei Straßenblockaden erstellen konnten; eine weitere, sehr stimmige Ergänzung ist eine schwarzweiße Animationssequenz des Künstlers Talant Turganbaj.

Flowers of Freedom schildert die Verärgerung und Ängste der Dorfbevölkerung und zeigt die Korruption (auf Unternehmens- und Regierungsebene) auf, die ein Vorgehen gegen die Umweltverschmutzung und Ausbeutung immer wieder behindert. Zugleich fängt der Film die Courage der „Karek“-Gruppe ein und lässt erkennen, wie sich untereinander Freundschaften entwickeln. Leuze widmet sich in einigen Passagen auch dem Leben der Frauen abseits ihrer Organisationstätigkeit; so lässt sie etwa die alleinerziehende Mutter Asel Orunbaeva von ihrer inoffiziellen Zwangsehe erzählen, die mit einer Entführung begann – nach einem Jahr konnte sie sich aus der unfreiwilligen Bindung befreien. Leuzes Werk ist einfühlsam, ergreifend und bedeutungsvoll.

Flowers of Freedom

„Flowers of Freedom“ beginnt mit einem bedrohlichen Bild: Eine Reihe von Lastkraftwagen rauscht durch das Dorf Barskoon in der zentralasiatischen Republik Kirgistan. Die Bedrohlichkeit, die man beim Anblick dieser ersten Einstellung empfindet, ist eine ganz reale – denn die Fahrzeuge transportieren Zyanid. Mit der hochgiftigen Chemikalie wird in der nahegelegenen Mine der „Kumtor Operating Company“ Gold aus dem Gestein gelöst. 1998 kam es in der Gegend zu einem LKW-Unfall, bei dem 1,7 Tonnen Natrium-Zyanid in den Fluss von Barskoon gelangten.
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