Findet Dorie (2016)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Wertvolle Unterschiede

13 Jahre nach der Odyssee durch den Ozean, auf der ein kleiner Clownfisch namens Nemo gefunden werden musste, kommt nun der Nachfolger Findet Dorie ins Kino. Und dieser Film ist wahrlich eine Rettungsaktion im mehrfachen Sinne. Nicht nur Dorie muss gerettet werden, sondern der Film ist in diesem Jahr der bisher einzige, der als Sequel Erfolg hat und somit eine ganze Maschinerie der Blockbuster-Lieferanten, die sich auf Prequels, Sequels und andere Ableger spezialisiert hat, am Leben erhält. Doch die, die Findet Dorie dazu auserkoren haben, das Aushängeschild des großen Filmstudio-Marktes zu sein, missachten eine wichtige Sache: Findet Dorie ist eine Singularität und damit eben nicht Beweis für eine Massenwirtschaft.

Erst einmal kommt der Film nach genau dem gleichen Strickmuster wie sein Vorgänger Findet Nemo daher. Dorie (im Original Ellen DeGeneres, in der deutschen Synchronisation Anke Engelke) ist ein Paletten-Doktorfisch (Paracanthurus hepatus), aber eigentlich ist das egal, denn das könnte sie sich eh nicht merken. Dorie leidet unter dem Verlust ihres Kurzzeitgedächtnisses und vergisst, sobald sie ein wenig abgelenkt wird, komplett wo sie ist, was sie gerade gemacht hat und was sie eigentlich gleich tun wollte. Diese unglückliche Behinderung ist, wenn man in einem riesigen Ozean unterwegs ist, mehr als nur tückisch. Gut, dass sie mit Nemo und seinem Vater befreundet ist, den sie in Findet Nemo geholfen hat. Doch der Alltag mit Dorie nervt ganz schön. Immer wieder muss man sie schützen, ihr Dinge erklären, sie erinnern und auf sie aufpassen. Und dann geht sie doch verloren und muss gesucht werden. Bei diesem Abenteuer erinnert sich Dorie zudem an ihre ursprüngliche Suche und daran, dass sie Eltern hat, denen sie ebenfalls verloren ging. Ab da arbeitet sich der Film systematisch an der Suche und dem Abenteuer derselbigen ab und führt eine Menge neuer, wunderbarer Charaktere ein, die Dorie helfen. Vom idiotischen Seehund bis zum ausgefuchsten Tintenfisch bietet Findet Dorie eine unglaubliche aquatische Vielfalt, die die Schaulust befriedigt, den Film permanent am Laufen hält und sowohl Kinder als auch Erwachsene begeistert. Die Pointen sitzen ebenfalls perfekt.

Bis hierher kann man Findet Dorie durchaus als gelungenen Retorten-Film aus der Sequel-Fabrik verstehen. Doch es ist mehr an diesem Fisch als nur die bunten Farben. Findet Dorie hat genau das, was auch Findet Nemo schon zu einer Ausnahme machte und kein Film des bisherigen Blockbusterjahres 2016 zu vermitteln versuchte, er hat ein Herz. Ein riesiges Herz. Und ein wichtiges Anliegen, das über die übliche Geschichte der Liebe von Eltern und Kindern und der Wichtigkeit der Familie hinausgeht. Findet Dorie ist vor allem eine Geschichte über Behinderungen und wie man mit ihnen gesellschaftlich umgehen kann, wenn man sie nicht als singuläre „Fehler“ betrachtet, sondern als Bereicherung und Diversifizierung. Der Film lässt sich viel Zeit, die Details von Dories Gedächtnisstörungen zu erforschen. Wie funktionieren sie? Was sind die Folgen einerseits im Augenblick, andererseits langfristig? Welche Auswirkungen haben sie auf Dories seelischen Zustand? Nach dieser Analyse arbeitet der Film sich weiter vor in einen lösungsorientierten Umgang, der spielerisch in das Actionabenteuer eingebaut wird. Denn das Abenteuer kann Dorie nur erfolgreich bestehen, wenn sie sie selbst bleibt, sich aber auch auf ihre erlernten Hilfsmechanismen verlässt und andere Freunde und Bekannte mit einbezieht. Es ist die Gemeinsamkeit, die letztendlich einer diversen Community von Meerestieren zum Erfolg verhilft, und Dorie ist nicht die Bremse, sondern gleichberechtigter Bestandteil.

Es ist dieser humanitäre, ernst gemeinte Kern, der Findet Dorie abhebt vom reinen Dasein als Nachfolgerfilm. Hier wurde weit über den Industriestandard für lustige Animationsfilme hinausgegangen und wie zuletzt in Alles steht Kopf eine Allegorie gefunden, die ZuschauerInnen jeden Alters mit viel Humor und Liebe zum Detail etwas über Menschlichkeit und Empathie beibringt.
 

Findet Dorie (2016)

13 Jahre nach der Odyssee durch den Ozean, auf der ein kleiner Clownfisch namens Nemo gefunden werden musste, kommt nun der Nachfolger „Findet Dorie“ ins Kino. Und dieser Film ist wahrlich eine Rettungsaktion im mehrfachen Sinne. Nicht nur Dorie muss gerettet werden, sondern der Film ist in diesem Jahr der bisher einzige, der als Sequel Erfolg hat und somit eine ganze Maschinerie der Blockbuster-Lieferanten, die sich auf Prequels, Sequels und andere Ableger spezialisiert hat, am Leben erhält.

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