Downsizing (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Kein Wunder, nur nett

Alexander Paynes Downsizing ist ein Film, der nicht wie üblich in die Höhen und Tiefen geht, sondern eher auf einer Ebene bleibt – und zwar der satirischen. Dort fährt er dann Manöver, die in Jagd auf roter Oktober einmal passend als „irrer Ivan“ beschrieben wurden. Es sind erzählerische Hackentricks, die scharf nach links und rechts wechseln und Downsizing zumindest eines geben: völlige Unerwartbarkeit.

Es beginnt recht leger mit einem norwegischen Wissenschaftler, der Tests veranstaltet, die zu seinem eigenen Entsetzen positiv ausfallen, ihn berühmt machen und wahrlich die Welt ändern werden. Denn er hat ein Serum erfunden, das alle organischen Stoffe auf zellularer Ebene schrumpfen lassen kann. Und damit eröffnet sich die Möglichkeit, Menschen, Tiere, Pflanzen etc. zu schrumpfen. Ein Raunen geht um die Welt, denn dies wäre eine Möglichkeit, der drohenden Überbevölkerung und Klimakatastrophe entgegenzuwirken. Doch nach den ersten Umweltenthusiasten und Early Adoptern lassen sich vor allem Menschen schrumpfen, die ein besseres Leben wollen, denn dank der Ressourcenlage wird das Leben um ein vielfaches billiger. Wer ein bisschen Geld im normalen Leben hatte, ist im kleinen Leben reich. Und hier kommt Paul Safranek (Matt Damon) ins Spiel, dessen Leben geprägt ist von unglücklichen Umständen und Misserfolgen. Die Krankheit seiner Mutter hat ihn die Arztkarriere gekostet, jetzt arbeitet er als Physiotherapeut in einer Fleischfabrik. Seine Frau Audrey (Kristen Wiig) liebt ihn, ist aber genervt vom Leben am unteren Ende des Mittelstandes. Und so kommen auch Paul und Audrey auf die Idee, sich und ihr Leben downsizen zu lassen, um ab dann in einem großen Haus in Saus und Braus zu leben. Die Prozedur kostet ein gutes Sümmchen und fünf Stunden Zeit, in denen beide am ganzen Körper rasiert werden, alle Ersatzteile wie Kronen etc. ausgetauscht werden und sie schließlich geschrumpft werden. Als Paul aufwacht, geschafft von der Anstrengung und nun nur noch unwiderrufliche 12 cm groß, ist Audrey nicht da. Am Telefon verkündet sie, dass sie es sich anders überlegt hat und überhaupt wäre Scheidung eine Option. Und Paul hat wieder den Kürzeren gezogen.

Gemeinsam mit ihm erkundet man nun die erste amerikanische Community für kleine Menschen, die von außen wie ein Paradies wirkt, in dem jeder glücklich, reich und für immer abgesichert ist. Es gibt keine Gewalt, jeder hat ein großes Haus und alles ist wunderbar. Doch wer ein paar andere Filme von Alexander Payne gesehen hat, weiß, dass die gut gemähten Rasenflächen mit den kleinen weißen Zäunen und den Autoeinfahrten nie das beherbergen, was sie versprechen.

Leider beginnt der Film hier, an seiner eigenen Kleinheit zu kranken. Zu oberflächlich bearbeitet Payne die neue Gesellschaft, die hier entstanden ist – und zwar auf eine Weise, die doch sehr der Entdeckung und Besiedlung der USA ähnelt, welche für viele fatal endete. Auch Ideen von Terrorismus, Immigration etc. werden nur angeschnitten, Fragen nach ethnischen Beziehungen und Klassenunterschieden immer nur gestreift. Payne konzentriert sich eben lieber auf Paul, den Inbegriff des kleinen, einfachen, guten Mannes à la Frank Capra in Chino-Hosen und Poloshirt, der doch einfach nur sein kleines Glück will. Das ist mitunter gut gelungen und bringt hier und da amüsante und manchmal auch bissige Momente hervor, doch Paynes Film wird lautstark überschrie(b)en von der momentanen amerikanischen Realität eines Donald Trump, der zwar mehr Geld auf dem Konto hat, aber in vielerlei Hinsicht ein ebenso kleiner Mann ist. In diesen Zeiten verändert sich eben die Konnotation des „kleinen, weißen Mannes“, der mehr vom Leben will und seine eigenen, weitreichenden Privilegien gar nicht begreift, und genau hier stirbt Paynes Satire nicht nur langsam ab, sondern kommt ab und an regelrecht konservativ und tontaub daher. Da helfen auch die magischen ethnischen Figuren nicht, die diesem kleinen Mann zur Seite gestellt werden. Christoph Waltz als serbischer Schmuggler, der alles besorgen kann und alles vertickt und dessen starker Akzent und europäische Misanthropie hier für mehr Wahrheit sorgen, als der Film sich sonst zutraut, und Ngoc Lan (Hong Chau), eine vietnamesische Dissidentin, die vom Regime zwangsverkleinert wurde, schaffen es zwar, Pauls kleines Weltbild etwas zu erweitern und ihm zu zeigen, dass auch in der kleinen Gesellschaft nicht alles in Ordnung ist, sie bleiben aber Sidekicks, die lediglich Paul als Katalysator dienen sollen.

Man könnte fast meinen, Payne weiß um die massive Schwäche seiner Idee, ihrer Kraftlosigkeit gegenüber der politischen Realität der USA, denn immer, wenn dem Film schon fast die Puste ausgeht, schmeißt er einen neuen Erzählstrang dazu, der die Geschichte in eine neue, irre Richtung schleudert. Genau dies hält den Film am Laufen und erlaubt ihm, ab und zu nach Luft zu schnappen und gute Momente zu produzieren. Doch insgesamt hilft dies nichts. Downsizing erliegt dem Kleinklein und der engen Perspektive auf Paul, dessen eigener Blick so vieles nicht sieht und vor allem Anderes, Schreckliches, Trauriges, Politisches, Rassistisches, Misogynes etc. nicht als solches erkennen mag oder für normal hält.

Was für ein Wunder, was für ein starker, lauter, politischer Film hätte Downsizing doch werden können, hätte man nicht nur den im Kino üblichen weißen, männlichen (heterosexuellen) Blick erlaubt, sondern ein scharfes, kritisches Auge geworfen. Dies hätte die kinematographische Metapher für die Trump-Ära werden können. Doch so ist Downsizing nur ein netter, unterhaltsamer Film.
 

Downsizing (2017)

Alexander Paynes „Downsizing“ ist ein Film, der nicht wie üblich in die Höhen und Tiefen geht, sondern eher auf einer Ebene bleibt – und zwar der satirischen. Dort fährt er dann Manöver, die in „Jagd auf roter Oktober“ einmal passend als „irrer Ivan“ beschrieben wurden. Es sind erzählerische Hackentricks, die scharf nach links und rechts wechseln und „Downsizing“ zumindest eines geben: völlige Unerwartbarkeit.

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