Die Zwillinge

Ein Familienepos auf dem Weg zu Oscar-Ehren?

Es ist ein beliebtes soziologisches Experiment, Zwillinge nach der Geburt zu trennen und innerhalb unterschiedlicher Lebensumstände aufwachsen zu lassen, zumindest haben wir das in der Schule so gelernt. Auch Filmregisseure und Drehbuchautoren interessieren sich immer wieder für diese Versuchsanordnung, bietet sie doch einzigartige erzählerische Möglichkeiten, insbesondere bei Komödien (Twins, New York Minute, Hilfe, ich liebe Zwillinge, Adaption) oder Thrillern (Die Purpurnen Flüsse, Die Unzertrennlichen). Davon mal abgesehen, dass man sich meist den zweiten Hauptdarsteller spart. Der ernsten Seite dieses Themas hat sich der niederländische Regisseur Ben Sombogaart mit seiner Adaption des Bestseller-Romans Die Zwillinge von Tessa de Loo zugewandt.

Im Jahr 1926 findet das unbeschwerte Glück der beiden Zwillinge Anna und Lotte Bamberg (Sina Richardt und Julia Koopmann) durch den Tod der Eltern ein jähes Ende. Die beiden Mädchen, die einander eng verbunden sind, werden getrennt und wachsen ohne jeglichen Kontakt zueinander, denn die Pflegefamilien sind aufgrund der sozialen Unterschiede verfeindet. Während Anna auf einem Bauernhof in der Nähe von Köln Schwerstarbeit verrichten muss, wächst die kränkliche Lotte unter der liebevollen Pflege von weitläufigen Verwandten in den Niederlanden auf, deren einzige Angst darin besteht, dass „die Barbaren“ aus Deutschland Lotte wegholen könnten, weshalb sie die Briefe von Lotte an ihre Schwester nicht abschicken. Und auch umgekehrt erreichen Nachrichten nicht die Empfängerin, so dass Anna eines Tages ihre geliebte Schwester sogar tot wähnt.

Erst Jahre später entdecken die Zwillinge (Nadja Uhl und Thekla Reuten), dass der Kontakt bewusst unterbinden wurde, und machen sich auf die Suche nach „dem anderen Teil von sich“. Doch die unterschiedliche Erziehung und die verschiedenen Lebensumstände haben die beiden Frauen tief entfremdet. Während Lotte einen jüdischen Freund hat, der später in Auschwitz ums Leben kommen wird, verliebt sich Anna in einem strammen SS-Offizier, der in Russland sein Leben für Volk und Vaterland lässt. Als Lotte nach dem Krieg von dieser Verbindung erfährt, schmeißt sie Anna aus dem Haus und will nichts mehr mit ihrer Schwester zu tun haben. Doch Jahrzehnte später kreuzen sich ihre Wege erneut.

Beginnend mit der letzten Begegnung der beiden Schwestern inszeniert Ben Sombogaart die tragische Familiengeschichte als großes Epos, das annährend 80 Jahre umspannt. Mit Leichtigkeit und durchaus stimmig gelingt der Wechsel zwischen den verschiedenen Lebensabschnitten und Orten der Handlung, allerdings driftet der Film bisweilen zu sehr ins Melodramatische ab und spart nicht an Dialogen und Szenen, die jeder Hollywood-Großproduktion gut zu Gesicht gestanden wären, was das Ganze zeitwillig etwas vorhersehbar macht. Übrigens wurde der Film für den Oscar als bester ausländsicher Film nominiert, womit sich der Kreis dann auch wieder schließt.

Die Zwillinge

Es ist ein beliebtes soziologisches Experiment, Zwillinge nach der Geburt zu trennen und innerhalb unterschiedlicher Lebensumstände aufwachsen zu lassen, zumindest haben wir das in der Schule so gelernt.

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