Die Mumie

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Auferstanden aus Ruinen

Zwei Dinge haben das Tom-Cruise-Reboot Die Mumie und das titelgebende Geschöpf gemein: sie sind weder so richtig tot noch so richtig lebendig. Und sie riechen ein wenig streng. Die Mumie an sich nach 5.000 Jahren Einbalsamierung und Sarkophag, der Film nach dem Muff alter Ideen und eines alternden Stars in alternden Genreinterpretationen, die einfach nicht mehr frisch sind und auch nicht wirklich zusammenpassen.

Zugegeben, es ist schwer, in Hollywood in Würde zu altern. Doch nach Jack Reacher — Kein Weg zurück gab es Hoffnung, dass Tom Cruise nicht in die Arnold-Schwarzenegger-Falle tappen würde und in Richtung geriatrisches Action-Kino abdriftet, in dem so getan wird, als wären weder Cruise noch seine Figuren gealtert. Die Mumie zeigt jedoch, dass diese Hoffnung wohl vergebens war, denn hier schwingt sich Cruise als Nick Morton, ein Vollblut-Soldat und gelegentlicher Artefakte-Dieb, auf, die Menschheit und die schöne blonde Archäologin Jenny Halsey (Annabelle Wallis) vor dem tödlichen Fluch der Mumie zu retten, die er selbst durch Unwissenheit und Arroganz geweckt hat. Die Mumie ist die ägyptische Prinzessin Ahmanet (Sofia Boutella), die einst einen Pakt mit dem Gott des Todes eingegangen ist, der ihr Macht und ewiges Leben versprach. Dafür tötete Ahmanet ihren Vater, dessen Frau und ihren neugeborenen Bruder. Doch bei der Zeremonie, in der sie ihren Geliebten als Auserwählten für die Inkarnation des Gottes mit einem Dolch erstechen wollte, wurde sie gefangen genommen und bei lebendigem Leibe einbalsamiert. Nun ist sie wieder frei und ganz wie in den Originalfilmen muss sie sich von Menschen ernähren, um ihre Gestalt wieder zu erlangen. Und Morton ist ihr neuer Auserwählter, denn er hat sie ja schließlich „gerettet“ und das muss Liebe sein. Oder so ähnlich.

Nun sind die Filme, auf denen dieses Reboot basiert, ja in ihrer Tendenz klassische Abenteuerfilme à la Indiana Jones, in denen scharfzüngig und doppelbödig parliert und viel weggerannt wird. Dazwischen wirft man dann viele kleine Infos über Mythen, Schätze und alte Götter und ein paar gute Actionszenen, in denen mehr gesprungen, gerannt und geschrien wird, und fertig ist der Familienspaß. Doch Alex Kurtzmans Version wendet sich vom klassischen Abenteuerfilm ab und versucht sich an einer Melange aus Abenteuer und Jack-Reacher-Action. In Die Mumie wird jetzt scharf zurückgeschossen, mit automatischen Waffen, Raketen und Granaten. Teile des Filmes zeigen Cruise’ Hauptfigur fast eins zu eins als Actionheld à la Reacher oder Ethan Hunt, wie er mit purer Gewalt den Gegner eiskalt ausschaltet. Zu Anfang des Filmes sind diese Gegner Daesh/ISIS-Soldaten, die, ganz wie in der Realität, im Irak unterwegs sind, um Jahrtausende alte heilige Orte dem Erdboden gleich zu machen. Hier ist Cruise in seinem Element. Souverän bewältigt er die Action-Szenen, inklusive eines spektakulären Flugzeugabsturzes. Und doch, es bleibt eigenartig zu sehen, wie der Film ihn wie einen jungen Mann inszeniert (er wird sogar einmal wortwörtlich „junger Mann“ genannt) und nicht akzeptiert, dass auch er mittleren Alters ist. Dies nimmt Film und Figur viel Glaubwürdigkeit, die noch dazu durch sein eher dürftiges Schauspiel in komödiantischen Einlagen abgetragen wird. Denn sobald das Werk in die klassische Abenteuer-Richtung steuert, wird es fremdschämig. Da hilft auch nicht, dass sein Sidekick und die eigentliche zweite Hauptfigur, Jenny Halsey, eine durch und durch langweilige Figur ist, die am Anfang noch aktiv tut und sich innerhalb des Filmes immer mehr auf die klassische, passive Frauenrolle zurückzieht. Die blühende Romanze zwischen den beiden ist dabei ebenfalls eher überraschend, hat man doch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass zwischen ihnen auch nur ein Funken Chemie wäre. Es tut schon fast weh, dem stets bemühten, aber nie zündenden Schauspiel zuzusehen, dass außerhalb der Actionknaller völlig abstirbt. Auch die wunderbare Sofia Boutella, die sich als Ahmantet/Mumie viel Mühe gibt und eine schon fast überirdische Körperlichkeit in ihre Rolle einbaut, kann hier nur wenig retten.

Doch Kurtzman, der anscheinend selbst nicht auf den Action-Abenteuer-Mix vertraut, packt auch noch ein wenig Horrorfilm mit in den Mix und rückt die Auferstandenen und Wiedergeborenen eindeutig in die Zombie-Ecke. An sich keine schlechte Idee, doch arbeitet er diese, bis auf ein paar schöne visuelle Momente, nicht aus, und so versickert auch sie in der Genre-Suppe, die dieser Film hier köchelt.

Je länger man zuschaut, wie sich der Film bemüht, eine ernste, harte, aber trotzdem schmunzelige Neuauflage zu sein, desto mehr sehnt man sich nach der tumben Ehrlichkeit der Originalfilme zurück, die wenigstens nicht so getan haben, als wären sie die ganz Coolen in der Klasse, sondern wussten, dass sie eher die komischen Nerds sind, aber eben die Nerds mit dem Herz aus Gold. Was soll man also anfangen mit einem Film, der einem alles um Ohren wirft und unbarmherzig hart versucht etwas zu sein, was er überhaupt nicht ist? Wie soll man ein Werk ernst nehmen, das sich selbst nicht akzeptieren will und permanent versucht, die eigene existentielle Unsicherheit durch Genrekonventionen zu überdecken?

Die Antwort ist: gar nicht. Man kann sich maximal auf den Unterhaltungswert zurückziehen, das Hirn ausschalten und selbst dann wird es einem kaum gelingen, all diese unangenehmen Momente und Konstrukte zu ignorieren. Die Mumie ist einfach ein Kuddelmuddel, das nicht funktioniert, eine eigenartige, gezüchtete Chimäre, die man nie hätte herstellen und mit Sauerstoff versorgen sollen. Umso gruseliger, dass am Ende dieses Filmgeschöpfes schon auf die Fortsetzungen des Universal Dark Universe verwiesen wird. Das kann ja heiter werden.
 

Die Mumie

Zwei Dinge haben das Tom-Cruise-Reboot „Die Mumie“ und das titelgebende Geschöpf gemein: sie sind weder so richtig tot noch so richtig lebendig. Und sie riechen ein wenig streng. Die Mumie an sich nach 5.000 Jahren Einbalsamierung und Sarkophag, der Film nach dem Muff alter Ideen und eines alternden Stars in alternden Genreinterpretationen, die einfach nicht mehr frisch sind und auch nicht wirklich zusammenpassen.

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