Die abhandene Welt

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Unfreiwillig komisch

Nachdem Margarethe von Trotta sich zuletzt mit Hannah Arendt mit einem historischen Stoff beschäftigt hat, kehrt sie in Die abhandene Welt wieder in die Gegenwart und zu ihrem „Schwestern-Thema“ zurück.
Die Jazzsängerin Sophie (Katja Riemann) hat gerade ihr Engagement verloren und sich von ihrem Freund getrennt, als sie einen aufgeregten Anruf von ihrem Vater Paul (Matthias Habich) erhält. Er will ihr unbedingt ein Bild auf einer Webseite zeigen, auf dem die Opernsängerin Caterina Fabiani (Barbar Sukowa) abgebildet ist. Sie ist Sophies verstorbener Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Deshalb bittet Paul seine Tochter, sie solle Caterina in New York aufsuchen und am besten überzeugen, nach Deutschland zu kommen. Widerwillig macht sich Sophie auf den Weg und kommt durch diese Reise auf die Spur allerhand Familiengeheimnisse.

Vielversprechend beginnt die Die abhandene Welt mit Bildern eines Autofahrers, dessen Gesicht nicht zu erkennen ist. Dann folgt ein Schnitt auf Sophie, die in einer Bar wartet. Sie arbeitet — neben ihren Auftritten als Sängerin — als Rednerin für freie Trauungszeremonien und trifft sich dort mit einem Paar, das heiraten will. Selbst läuft es mit ihren Beziehungen nicht so gut, aber ihr Vater fordert auch viel Aufmerksamkeit. Schon in diesen ersten Sequenzen wechselt der Ton von Spannung zum Heiteren, jedoch ist Die abhandene Welt weder ein Thriller noch eine Komödie oder ein Drama. Vielmehr mischt der Film diese Elemente, allerdings stellt sich hier oft die Frage, ob die Komik intendiert ist. Beispielsweise ist Caterina bei ihrem ersten Besuch in Pauls Haus eindeutig als femme fatale inszeniert. Sie trägt die Frisur, die Kleidung und wird in bester noir-Tradition von den Füßen an aufwärts gezeigt — jedoch sorgt dieser Auftritt nicht für Spannung, sondern Gelächter, weil er viel zu plump eingeleitet ist und die gesprochenen Sätze viel zu plakativ wirken.

Zu dieser mitunter unfreiwilligen Komik kommen auffällige Widersprüche. Beispielsweise stehen Sophie und Paul in einer Szene an dem Grabstein ihrer Mutter, später besucht Sophie abermals die Ruhestätte und schaut auf eine Grabplatte. Auf beiden ist der Name eingraviert — und das scheint unwahrscheinlich. Auch ist das Verhalten der Figuren kaum nachzuvollziehen. Sie werden auf sehr einfache Eigenschaften reduziert: Sophie ist schön — das wird durch unzählige Bemerkungen sehr deutlich gemacht -, Caterina ist unnahbar und Paul ein starrsinniger, fast bedrohlicher Mann. Einzige Höhepunkte sind die Auftritte von Karin Dor und Gunnar Möller in zwei wichtigen Nebenrollen. Ohnehin sorgt die Besetzung für Stirnrunzeln, allein schon das Alter der jeweiligen Schauspieler erscheint in Anbetracht der enthüllten Beziehungen der Figuren zueinander schwierig.

Hinzu kommt die einfache Erzählweise dieses Films. Sobald die Handlung ein wenig stagniert, folgt entweder ein Lied von einer der Protagonistinnen oder eine der Figuren geht zu einem Kästchen, das sie schon lange aufbewahrt hat und zieht einen Brief, gelegentlich auch Fotos hinaus. Dadurch bekommt die Handlung dann einen neuen Impuls und insbesondere im letzten Drittel folgt Wendung auf Wendung. Die eigentlich wichtigste Frage, warum Sophies Mutter die Schwangerschaft geheim gehalten hat, wird hingegen nie beantwortet. Die abhandene Welt ist ein inkonsistenter Film, der nur in wenigen Momenten überzeugt.

Die abhandene Welt

Nachdem Margarethe von Trotta sich zuletzt mit „Hannah Arendt“ mit einem historischen Stoff beschäftigt hat, kehrt sie in „Die abhandene Welt“ wieder in die Gegenwart und zu ihrem „Schwestern-Thema“ zurück
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Meinungen

Sarah · 19.04.2015

Danke...ich habe ein ähnliches Review verfasst und sah mich mit der Meinung schon alleine auf weiter Flur....