Der unbekannte Soldat

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Krieg der Bilder

Michael Verhoevens Film nahm seinen Ausgang im März 1997, als er per Zufall in eine Versammlung von Neo-Nazis vor dem Münchner Rathaus gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-1944“ geriet. Zwischen März 1995 und November 1999 wurde die viel diskutierte Ausstellung, die vom Hamburger Institut für Sozialforschung initiiert wurde, in 33 Städten Deutschlands und Österreichs gezeigt, teils unter heftigen Protesten Rechtsradikaler; in Saarbrücken kann es gar zu einem Bombenattentat im Zusammenhang mit der Ausstellung. Neben den politisch motivierten Protesten kam es aber auch zu einer Diskussion um die Richtigkeit historischer Fakten. So wiesen etwa zwei osteuropäische Historiker Fehler bei der Zuordnung der Bilder nach, ihren Angaben zufolge war ein Großteil der Bilder ungeeignet, um die Hauptthese der Ausstellung zu untermauern. Daraufhin wurde die Ausstellung zurückgezogen und eingehend von einer Historiker-Kommission untersucht, die allerdings nur 20 von mehr als 1400 Bildern als nicht korrekt einstufte. Trotzdem wurde die Ausstellung neu konzipiert und konnte erst ab dem November 2001 wieder von der Öffentlichkeit besucht werden. 2004 schließlich schloss die Ausstellung und ist seitdem im Magazin des Deutschen Historischen Museums in Berlin untergebracht. Doch auch die Neukonzeption stieß auf heftige Widerstände, diese Mal aber von andere Seite: Kritiker sprachen von einer Entschärfung und Verwässerung der Thesen und spekulierten darüber, ob die Ausstellungsmacher sich nicht dem Druck der Rechtsradikalen gebeugt hätten.
Michael Verhoeven hat es sich mit seinen Filmen nie leicht gemacht – sowohl Das schreckliche Mädchen (1990) wie auch Die weiße Rose (1981/82) beschäftigten sich mit dem Thema der mangelnden Aufarbeitung des Nationalsozialismus und eckten damit an. Mit Der unbekannte Soldat kehrt Verhoeven zu dieser Haltung zurück und gemahnt damit an eine Erinnerungskultur, die nicht mehr so recht in den neoliberalen Zeitgeist zu passen scheint. Mit der Neugier eines unbestechlichen Künstlers gibt Verhoeven keine Antworten, sondern stellt Fragen, bohrt nach, forscht selbst weiter. Mit großer Souveränität widmet sich Verhoeven einer Vielzahl von Fragen an, die sowohl die historischen Tatsachen als auch deren Aufarbeitung in der Ausstellung und die Reaktionen von Besuchern, Machern und Gegnern zu einem gelungenen und sehenswerte Dokument gegen das Vergessen zusammenknüpfen. Ein streitbarer und mutiger Film, der auch nach dem Kino noch lange haften bleibt und dafür sorgt, dass die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät.

Der unbekannte Soldat

Michael Verhoevens Film nahm seinen Ausgang im März 1997, als er per Zufall in eine Versammlung von Neo-Nazis vor dem Münchner Rathaus gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht – Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-1944“ geriet.
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