Der Schrei der Eule

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 7. Juni 2010, ARTE, 20:15 Uhr

Nach dem gleichnamigen Roman der US-amerikanischen Schriftstellerin Patricia Highsmith hat der französische Filmemacher Claude Chabrol, der in diesem Monat 80 Jahre alt wird, den Krimi Der Schrei der Eule von 1987 inszeniert, der in düsterer wie intensiver Manier die Fallstricke zwischen Liebe und Hass auslotet. So tragisch sich die Ereignisse im Zuge einer ausführlichen Charakterzeichnung der Figuren auch gestalten, verzichtet der Nouvelle Vague Regisseur auch hier nicht auf eine kräftige Portion derben Humors, der die spannungsreichen Wendungen ansprechend flankiert.
Wenn ein Mann einer Frau dringend rät, sich bloß nicht in ihn zu verlieben, setzt diese Warnung häufig genau den Prozess in Gang, der eigentlich gestoppt werden sollte. Dieser perfide Trick, der hier möglicherweise auch Ausdruck verzweifelter Ängste ist, funktioniert bei der jungen Juliette (Mathilda May, die für ihr filigranes Spiel mit dem César ausgezeichnet wurde) bestens: Obwohl sie mit Patrick (Jacques Penot) verlobt ist, verfällt sie zunehmend der Anziehungskraft des melancholischen Robert (Christophe Malavoy), der nach der Trennung von Véronique (Virginie Thévenet) von Paris ins ländliche Vichy geflüchtet ist. Zunächst ist es Robert, der Juliette heimlich im Schutz der Dunkelheit beobachtet, fasziniert von ihrer aparten Erscheinung, bis er sie schließlich anspricht. Zwischen den beiden entspinnt sich rasch eine starke Nähe, die Patrick erheblich beunruhigt, bis er Robert letztlich zur Rede stellt, der sich im Grunde bereits von Juliette zu distanzieren beginnt …

Sowohl die Spannungen zwischen den Figuren als auch jene der dramaturgischen Wendungen erschaffen hier ein stark emotional geprägtes Kriminalstück mit hintergründigen Betrachtungen über die menschliche Sehnsucht nach Nähe und Rache, wenn diese nicht erfüllt wird. Die kriminalistischen Aspekte, die mit dem Erscheinen des Kommissars (Jean-Pierre Kalfon, der für seine Rolle für einen César nominiert war) in den Vordergrund treten, verblassen beinahe angesichts des Ränkespiels um Liebe und Eifersucht, dessen Intensität eine deutlich höhere Qualität erwirkt als die herkömmlichen Verbrechen. Untermalt von der atmosphärischen Musik von Claude Chabrols Sohn Matthieu ist Der Schrei der Eule zu einem packenden Melodram geraten, das nicht zuletzt durch die bewegenden Bilder von Kameramann Jean Rabier überzeugt.

Der Schrei der Eule

Nach dem gleichnamigen Roman der US-amerikanischen Schriftstellerin Patricia Highsmith hat der französische Filmemacher Claude Chabrol, der in diesem Monat 80 Jahre alt wird, den Krimi „Der Schrei der Eule“ von 1987 inszeniert, der in düsterer wie intensiver Manier die Fallstricke zwischen Liebe und Hass auslotet.
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