Der dunkle Turm

Eine Filmkritik von Maria Engler

Ein Epos auf Messers Schneide

Die astronomischen Erwartungshaltungen der Fans zu erfüllen und gleichzeitig eine auch für Neulinge nachvollziehbare Geschichte zu erzählen – Der dunkle Turm ist ein Drahtseilakt, der nur schiefgehen kann. Nachdem Stephen King 2007 die Rechte an seiner Geschichte für symbolische 19 Dollar an J.J. Abrams verkauft hatte, befand sich die Produktion auf einer Berg- und Talfahrt. Abrams sprang aus angemessener Angst vor dem öffentlichen Druck ab, verschiedene Regisseure und Darsteller waren anschließend im Gespräch. Erwischt hat es letztendlich den dänischen Regisseur Nikolaj Arcel, der zuletzt mit seinem Film Die Königin und der Leibarzt im Gespräch war und der mit Der dunkle Turm nun erstmals eine große internationale Produktion betreut hat.
Die Welt wird von Erdbeben und damit einhergehenden seltsamen Ereignissen geplagt. Der junge Jake Chambers (Tom Taylor) wird von verwirrenden Träumen und Visionen aus anderen Welten heimgesucht, in denen der Mann in Schwarz (Matthew McConaughey) den dunklen Turm zum Einsturz bringen will. Der letzte Verteidiger des dunklen Turms, dessen Zerstörung Chaos über alle Welten bringen würde, ist der Revolvermann Roland (Idris Elba). Jakes Träume führen ihn schließlich in die Welt des Revolvermannes, wo sich die beiden gegen den Mann in Schwarz verbünden, um das Universum zu retten.

Obwohl es grundsätzlich eine gute Strategie sein kann, Roman und Verfilmung klar von einander zu trennen, stellt sich die von der Handlung der Bücher weit entfernte und komplett abgespeckte Filmhandlung als leider sehr vorhersehbar und wenig spannend heraus. Der Kniff, die Parameter der dargestellten Welt durch die Augen eines Kindes zu erklären, ist nicht nur ziemlich abgenutzt, sondern in diesem Fall vor allem für Kenner der Geschichte vergleichsweise fad. Die immer wieder scheinbar willkürlich eingestreuten Anspielungen für Fans, z.B. das ständige Zeigen der Zahl 19 und zahlreiche rote Rosen, die in den Romanen wichtige Rollen spielen, verkommen in der Verfilmung lediglich zu nutzlosen Gimmicks ohne tiefgreifende Bedeutung und werden mit ihrer plakativen Inszenierung schnell zum Ärgernis. Sogar auf den Italo-Western, der eine der maßgeblichen Inspirationen Kings war, wird im Film plump angespielt, wenn die Anzeigetafel eines Kinos, die für die Spaghettiwestern-Woche wirbt, so lange prominent im Bild gehalten wird, bis auch der letzte Zuschauer den Wink mit dem überdimensionalen Zaunpfahl verstanden hat. Während dieses sinnlose Dauerfeuer mit Symbolen und Metaphern aus den Romanen für Fans höchstens einen Wiedererkennungswert besitzt, wird es von Neulingen vermutlich kaum wahrgenommen oder führt zur Verwirrung – der Nutzen für beide Zuschauergruppen ist verschwindend gering.

Positiv fällt vor allem die Optik in Der dunkle Turm auf, so sind beispielsweise in Rolands Dimension Mittwelt an düstere Western erinnernde Landschaftsformationen und ungewöhnliche Architekturen zu bewundern. Diverse Design-Elemente wie die Türen zwischen den Dimensionen überzeugen als faszinierende Mischung aus Sci-Fi-Elementen und Western-Ästhetik. Kernstück dieser Verbindung ist der dunkle Turm, der gleichzeitig metallisch massiv und dann doch nur aus Holzbrettern zusammengezimmert erscheint. Idris Elba als Revolvermann, dessen Auftreten und Kostüm an Actionhelden wie Shaft und Blade erinnert, passt sich hervorragend in dieses Konstrukt ein. Überhaupt ist das Casting des britischen Schauspielers eine politisch sowie künstlerisch lobenswerte Entscheidung. So spielt er den Revolvermann zwar mit der nötigen Coolness, hebt sich dabei aber trotzdem in Schauspiel, Präsenz und Inszenierung von Westernhelden wie Clint Eastwood ab. Obwohl schauspielerisch ebenbürtig, entpuppt sich die Performance von Matthew McConaughey als Mann in Schwarz als leicht befremdlich. Das mystische Herumwedeln mit den Händen, das durchgängig schwarze Kostüm zur perfekt gebräunten Haut und die blendend weißen Zähne passen eher zu Siegfried und Roy als zu einem finsteren Bösewicht und führen die Figur dadurch ins leicht Absurde, was nicht immer durch die Bedrohlichkeit des Charakters wieder gut gemacht werden kann.

Insgesamt ist Der dunkle Turm eine unbefriedigende Adaption von Stephen Kings Monumentalwerk und bleibt auch abgesehen von der Vorlage ein recht zweitklassiger, wenig innovativer Fantasyfilm, der flach eine allzu vorhersehbare Geschichte erzählt und durch die zentrale Rolle Jakes an diverse Jugendbuchverfilmungen erinnert. Vor allem im Hinblick auf die bereits geplante Serie, die 2018 die Geschichte um den Revolvermann ausbauen soll, wirkt der Film wie ein nicht ausreichend durchdachter Pilotfilm, der zunächst einmal die Stimmung des Publikums austesten soll, bevor der komplette Stoff in fähige Hände gegeben wird.

Der dunkle Turm

Die astronomischen Erwartungshaltungen der Fans zu erfüllen und gleichzeitig eine auch für Neulinge nachvollziehbare Geschichte zu erzählen – „Der dunkle Turm“ ist ein Drahtseilakt, der nur schiefgehen kann. Nachdem Stephen King 2007 die Rechte an seiner Geschichte für symbolische 19 Dollar an J.J. Abrams verkauft hatte, befand sich die Produktion auf einer Berg- und Talfahrt.
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