Das Pubertier

Eine Filmkritik von Falk Straub

Die Leiden des alten Wengers

Nach den turbulenten Erlebnissen mit der italienischen Familie seiner Frau fanden auch Jan Weilers Anekdoten über das Zusammenleben mit seiner pubertierenden Tochter den Weg ins Kino. Leander Haußmann hat Weilers Bestseller Das Pubertier verfilmt und mit Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Detlev Buck, Monika Gruber und Justus von Dohnányi prominent besetzt.

Die Zeiten, in denen Hannes Wenger (Jan Josef Liefers) mit seiner kleinen Prinzessin auf den Schultern unbeschwert über Sonnenblumenfelder hüpfte und sie im Anschluss mit einem improvisierten Lied auf der Gitarre in den Schlaf sang, sind lange vorbei. Seine Tochter Carla (Harriet Herbig-Matten) steht kurz vor ihrem 14. Geburtstag und anstatt sie auf dem Bett ins Traumland zu geleiten, liegt Hannes mittlerweile als fleischgewordener Alptraum darunter und belauscht ihr erstes Date. Dabei hatte sich der Journalist seine Auszeit vom Beruf doch auch deshalb genommen, um seiner Tochter beim Erwachsenwerden zuzusehen, mit ihr Sinfoniekonzerte zu besuchen und das erste Glas Rotwein zu trinken. Dumm nur, dass sich der eigene Nachwuchs mehr für das neueste Smartphone denn für klassische Musik und mehr für das erste Bier mit Jungs denn für ein Gläschen mit dem uncoolen Alten interessiert. Angesichts seiner angestrengten Bemühungen, um die Gunst seiner Tochter zu buhlen, können Ehefrau Sara (Heike Makatsch) und Sohn Nick nur ungläubig die Köpfe schütteln.

Dass die Pubertät für Kinder wie für ihre Eltern die Hölle sein kann, ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Allerdings hatte diese selten jemand so amüsant und treffend verpackt wie Jan Weiler in seiner seit 2007 erscheinenden Kolumne Mein Leben als Mensch, dem die deutsche Sprache den wunderbaren Neologismus „Pubertier“ verdankt. Darin schildert der ehemalige Chefredakteur des SZ-Magazins nicht nur den Alltag mit seiner Tochter. Auch sein italienischer Schwiegervater kommt vor, dem Weiler bereits 2003 und 2005 in den später verfilmten Romanen Maria, ihm schmeckt’s nicht! und Antonio im Wunderland ein Denkmal gesetzt hat. Weilers Kolumnen rund um Tochter Carla erhielten 2014 schließlich einen eigenen Sammelband, bevor in Im Reich der Pubertiere und in Und ewig schläft das Pubertier nun auch Sohn Nick in den ganz normalen Wahnsinn zwischen Pickeln, Stimmbruch und erster Liebe gerät.

Was Weiler in seinen kurzen, süffisant zugespitzen Alltagsbeschreibungen gelingt, misslingt der Adaption über weite Strecken. Obwohl der Autor gemeinsam mit Regisseur Leander Haußmann am Drehbuch schrieb, trifft der Film kaum einmal den Ton der Vorlage. Wo die Kolumnen bei aller Übertreibung leise sind, ist Haußmanns Komödie stets etwas zu schrill und laut – sei es im ständigen Ehezwist des befreundeten Paares Holger (Detlev Buck) und Miriam (Monika Gruber) oder im Auftreten des berufsjugendlichen Nachbarn Dattelmann (Jutus von Dohnányi). Die Liebe zum eigenen Nachwuchs, die zwischen den Buchzeilen immer klar erkennbar ist, wird im Film meist nur behauptet, im schlimmsten Fall, indem Jan Josef Liefers als Vater im Panikmodus sein Publikum direkt adressiert. Schlimmer noch: Häufig will die Sprache nicht recht zu den Figuren passen, wenn Weilers Ichperspektive in Dialoge übersetzt, seine Worte anderen in den Mund gelegt werden. Das wirkt unnatürlich, irgendwie aufgesetzt und raubt vielen Szenen den Schwung.

Den versucht Leander Haußmann wiederum durch Kamera, Schnitt, einen flotten Soundtrack und jede Menge, meist schlecht umgesetzten Slapstick in seine Komödie zu transportieren. Doch auch wenn Alexander Fischerkoesens Kamera kaum einmal stillsteht, sich in einem ersten Kulminationspunkt auf einem Polizeirevier gar wie wild im Kreis dreht, können all die formalen Spielereien nicht kaschieren, was dem Pubertier in erster Linie fehlt: eine bedeutsame, vor allem aber stringente Geschichte. Mehr als um eine Geburtstagsfeier und ein erstes Date, die beide aus dem Ruder laufen, geht es in Haußmanns jüngster Komödie nicht. Das hat man nicht nur international, sondern auch bei Haußmann (Sonnenallee, Herr Lehmann) schon besser gesehen; nicht zuletzt deshalb, weil der Regisseur mögliche Pointen wiederholt in Gebrüll untergehen lässt. Dass sich die Eltern dabei manchmal kindischer als ihre Kinder benehmen, ist eine weitere altbekannte Weisheit, die Weilers Vorlage ebenfalls viel beiläufiger vermittelte.
 

Das Pubertier

Nach den turbulenten Erlebnissen mit der italienischen Familie seiner Frau finden nun auch Jan Weilers Anekdoten über das Zusammenleben mit seiner pubertierenden Tochter den Weg ins Kino. Leander Haußmann hat Weilers Bestseller „Das Pubertier“ verfilmt und mit Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Detlev Buck, Monika Gruber und Justus von Dohnányi prominent besetzt.

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Meinungen

freeatacker 007007 · 09.08.2017

Ich fand den Film sehr witzig besonders die szene auf der polizeiwache