Corpo Celeste – Für den Himmel bestimmt (2011)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mittwoch, 11. März 2015, ARTE, 22:45 Uhr

Dass die Zeit der Pubertät und des Heranwachsens für junge Menschen häufig ein unwegsames, verwirrendes bis verstörendes und entfremdendes Territorium im Sog einer nicht selten unsagbar grausamen Einsamkeit bedeutet, davon handelt das Spielfilmdebüt der italienischen Regisseurin Alice Rohrwacher, das 2011 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Cannes uraufgeführt wurde, von dort aus bei einigen Filmfestivals weltweit zu Gast war und für den die Filmemacherin unter anderem mit dem Preis des italienischen Filmkritikerverbandes (SNGCI) als Beste Nachwuchsregisseurin ausgezeichnet wurde.

Als die 13jährige Marta (Yle Vianello) gemeinsam mit ihrer Schwester Rita (Anita Caprioli) und ihrer Mutter nach zehn Jahren Auslandsaufenthalt in der Schweiz ins süditalienische Kalabrien zurückkehrt, verkompliziert sich ihr junges Leben ganz gehörig. Die anstehende Firmung und die entsprechenden Vorbereitungen und Unterweisungen konfrontieren Marta mit den starren Strukturen der katholischen Kirche in Person des selbstherrlichen Priesters Don Mario (Salvatore Cantalupo) und der regelrecht fanatischen Katechetin Santa (Pasqualina Scuncia), in der Schule findet der introvertierte Teenager keinen Anschluss und die körperlichen Revolutionen der Pubertät bringen mit der ersten Menstruation zusätzlich einige Verwirrungen mit sich. Verständnis und Unterstützung erfährt Marta kaum, und so obliegt es der Entwicklung ureigener Energien und Kräfte, sich durch diese von Zweifeln und Entfremdungen geprägte Phase hindurch zu manövrieren …

Es ist die Perspektive der überzeugend aufspielenden Hauptdarstellerin Marta, sensibel verkörpert von Yle Vianello, die deutlich im Mittelpunkt von Corpo Celeste – Für den Himmel bestimmt steht, der zuvorderst durch die starken, symbolträchtigen Bilder seiner ungewöhnlichen und mitunter nahezu fragmentarischen Inszenierung besticht. Im Vordergrund der offen gestalteten Dramaturgie, innerhalb welcher sich die Orientierungs- und Ratlosigkeit der Protagonistin auch formal widerspiegelt, steht mit seinen extremen Emotionen das Innenleben des verschlossenen Mädchens, das sich im Spannungsfeld der individuellen, religiösen und sozialen Veränderungen zu einer jungen Frau entwickelt, die ihren eigenen Weg finden muss, um der Wucht ihrer gewaltigen Verlorenheit in einer widrigen Welt zu entgehen. Alice Rohrwachers empfindsame und bewegende Sicht auf die Phänomene der Pubertät, die sie noch einmal in besonders belastende Umstände einbettet, erstreckt sich über vielschichtige Facetten dieses kritischen, krisenhaften Kapitels, ohne dass eine wohlige Auflösung die Geschichte ausklingen lässt. Doch Zeichen für eine positive Entwicklung und eine angedeutete Stabilisierung der schwierigen Situation gibt es dennoch, und dass der Zuschauer am Ende gerade nicht in den Modus eines allzu leichten Verstehens und einer ebensolchen Erleichterung entlassen wird, zählt zu den ungefälligen Stärken dieses aufwühlenden Films.
 

Corpo Celeste – Für den Himmel bestimmt (2011)

Dass die Zeit der Pubertät und des Heranwachsens für junge Menschen häufig ein unwegsames, verwirrendes bis verstörendes und entfremdendes Territorium im Sog einer nicht selten unsagbar grausamen Einsamkeit bedeutet, davon handelt das Spielfilmdebüt der italienischen Regisseurin Alice Rohrwacher, das 2011 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Cannes uraufgeführt wurde, von dort aus bei einigen Filmfestivals weltweit zu Gast war und für den die Filmemacherin unter anderem mit dem Preis des italienischen Filmkritikerverbandes (SNGCI) als Beste Nachwuchsregisseurin ausgezeichnet wurde.

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