Buddha's Little Finger

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Merkliche Müh

Der russische Dichter Pyotr Pustota ist machtlos. Gerade liegt er noch mit seiner Geliebten Anna im Bett, findet er sich im nächsten Moment gefesselt in einem kahlen Raum wieder, befragt von zwei seltsamen Agenten, die von ihm Buddha’s Little Finger fordern.
Dann ist Pyotr zurück im Russland der 1990er Jahre. Er schließt sich drei Mafiosi an und findet sich kurze Zeit später im revolutionären Russland von 1919 wieder, an der Seite des Revolutionshelden Tschapajew, der ihm bei wodkagetränkten Gesprächen erklärt, dass Pyotrs Wirklichkeitskonzept durch den Zusammenbruch des Kommunismus ebenfalls zusammengebrochen ist. Pyotr ist also gefangen und weiß, dass er Buddha’s Little Finger finden muss, um das Zeitreisen zu beenden. Doch was ist dieser Finger eigentlich?

Der Plot von Tony Pembertons Films klingt kompliziert und ist es auch. Das liegt vor allem daran, dass das Werk auf dem gleichnamigen Roman des russischen Surrealisten Viktor Pelevin basiert. Seine Dramaturgie sei wie ein Computervirus, der alle Ordnung von Zeit und Raum langsam zerfresse, schrieb einmal ein Kritiker. Und das Lob machte Pelevin zum beliebtesten Autoren im Russland der 1990er Jahre, die Leser fanden sich – irritiert durch die Transformationszeit – in seinen Geschichten wieder. Im Mittelpunkt vieler Romane steht der Held Tschapajew, den in Russland jeder kennt. Eine wahre Figur, die in der Sowjetzeit zur vulgären Volkslegende wurde.

Und auch in Buddha’s Little Finger ist er die interessanteste Figur. Wie er Pyotr (dessen Nachname Pustota so viel wie „Leere“ bedeutet) mit einer Wodkaflasche einen Existenzbeweis nach dem nächsten vordekliniert, gehört zu den lustigsten Momenten des Films, der leider viel zu lange braucht, um sein surrealistisches Tempo aufzunehmen. Zögerlich und unerklärlich lange versucht Pemberton, alle Ebenen seines Films in der Erzählung zu etablieren. Erst im zweiten Teil lässt er die Zügel locker. Es gibt Phasen, in denen der Film dann nach jedem Schnitt die Zeitebene wechselt, reitende Kosaken, Putin, Rasputin, Chruschtschow – über 100 Jahre russische Geschichte bringt er dann zusammen und nähert sich so dem Effekt von Pelevkins Vorlage.

Mit aller Macht versucht Regisseur Pemberton, die surrealen Begegnungen auf der Leinwand festzuhalten, aber es macht ihm leider zu häufig merklich Müh. Die fantastischen Bilder wirken häufig etwas gewollt. Die Kostüme sehen aus, als wären sie gerade frisch gebügelt aus dem Kaufhaus ans Set gebracht worden. Die Schlachtszenen im revolutionären Russland wirken wie aus der Puppenkiste. Das hat durchaus seinen Charme, kann aber die psychedelische Spannung der Vorlage nicht adäquat umsetzen. Dabei hätte dieser Stoff in Händen – von sagen wir mal – den Coen-Brüdern durchaus seine Vielschichtigkeit unter Beweis stellen können. Denn die Fragen, die über dem Dichter Pyotr in Buddha’s Little Finger schwebt, sind die gleichen, die sich Neo in Matrix stellen musste. Was ist wahr? Welche Realität ist die echte? Oder ist alles nur ein Traum? Ein Delirium eines in einer unbekannten Zukunft festgehaltenen Mannes? Doch diese Metaebene wird hier nur angerissen. So bleibt der Eindruck zurück, dass das Potenzial der Vorlage die Fähigkeiten seines Machers überstiegen hat.

Buddha's Little Finger

Der russische Dichter Pyotr Pustota ist machtlos. Gerade liegt er noch mit seiner Geliebten Anna im Bett, findet er sich im nächsten Moment gefesselt in einem kahlen Raum wieder, befragt von zwei seltsamen Agenten, die von ihm „Buddha’s Little Finger“ fordern.
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