Birth

Eine Filmkritik von Michael Spiegel

Liebe stärker als der Tod

Momentaufnahme einer reichen Familie im New Yorker Milieu, Psychodrama, Reinkarnation und der Stellenwert einer unbedingten Liebe: der hochgehandelte, skandalumwitterte Beitrag von Venedig bringt Geschichten zusammen, von denen man zunächst kaum glauben kann, dass sie wirklich zusammengehören. Und wundert sich am Ende, wie es Regisseur Jonathan Glazer (Sexy Beast) versteht, eine ungewöhnlich spannenden Film gedreht zu haben, aus dem man vielleicht ein wenig befremdet kommen könnte, aber keineswegs unberührt oder uninspiriert das Kino verlässt.

Schon die Story ist mehr als ungewöhnlich: Anna (Nicole Kidman), reiche New Yorker Witwe, hat vor 10 Jahren ihren geliebten Ehemann Sean unerwartet verloren. In einer Heirat mit Joseph (Danny Huston) sucht sie nun den Ausweg und einen Neubeginn – als plötzlich ein 10jähriger Junge (Cameron Bright) mit Namen Sean vor ihr steht und nachdrücklich behauptet, die Reinkarnation ihres verstorbenen Mannes zu sein. Anna, die die Sache anfangs noch als Scherz abtut, muss erkennen, wie ernst es dem Jungen ist und welches ungeheure Detailwissen er für seine Behauptung vorzubringen hat. Immer mehr gerät sie nun in den Bann der bizarren und aufregenden Möglichkeit, ihr toter Mann könnte in Form eines Kindes zu ihr zurückgekehrt sein …

Birth hatte schon vor den Filmfestspielen in Venedig mit Gerüchten zu kämpfen, die der Presse so skandalträchtig erschienen, dass angeblich sogar von der Möglichkeit gesprochen wurde, der Film würde es erst gar nicht in die Kinos schaffen. Zugegebenermaßen ist die ein oder andere Szene – z.B. als die splitternackte Kidman den 10jährigen heftig in der Badewanne küsst – etwas auf die Spitze getrieben und erntete dahingehend nicht zu Unrecht Kritik, weil man sich schon fragen kann, ob diese vermeintliche Geschmacklosigkeit der Rahmenhandlung des Films tatsächlich dient oder dann doch nicht eher ein Aufhänger dafür ist, den Film publicitymässig günstig zu platzieren. Nicole Kidman dagegen hat immer betont, dass sie voll hinter dem Film steht, was man ihr aufgrund ihrer exzellenten schauspielerischen Leistung voller Grazilität und Eleganz auch sofort abnimmt. Überhaupt ist Birth von einer stilistischen Perfektion, die es irgendwann beinahe egal erscheinen lassen, was nun in diesem Film glaubwürdig sein könnte oder was nicht. Von Minute zu Minute verfolgt man gebannter die Szenerie; aufregendster Moment des Films und gleichzeitig bebender Ausdruck des inneren Konflikts von Anna bleibt ein klassisches Konzert, bei dem die Kamera nur eines tut: minutenlang auf Nicole Kidmans Gesicht zu verharren, zu beobachten, wie ihre Gedanken abgleiten, innerliche Welten aufbrechen, sich eine tickende Zeitbombe offenbart, sie ihre Fassung kaum aufrecht halten kann. Das Ganze zur Musik von Wagners „Walküre“ — großartig!!

Ein wahrhaftig mysteriöser Film mit hypnotischer Filmmusik über die Unvergänglichkeit der wahren Liebe, der manchmal ein wenig an The Sixth Sense erinnert, ohne ihn kopieren zu wollen, manchmal dem Zuschauer wahrhaft entrückte Momente zumutet, wie man sie in dieser Art schon in älteren Kubrick Filmen gesehen hat. Ein Film, der dem Zuschauer auch einiges an Offenheit, Phantasie und Toleranz abverlangt.
 

Birth

Momentaufnahme einer reichen Familie im New Yorker Milieu, Psychodrama, Reinkarnation und der Stellenwert einer unbedingten Liebe.

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Meinungen

Martin Zopick · 21.10.2008

Die Idee, die dem Film zugrunde liegt, ist ja ganz interessant, egal ob man nun an Reinkarnation glaubt oder nicht. Und auch trotz der beeindruckenden schauspielerischen Leistung von Nicole Kidman, bleibt doch ein schaler Nachgeschmack zurück.
Bevor die Kidman sich zum zweiten Mal verheiratet, taucht ein zehnjähriger Bub auf und behauptet, ihr vor 10 Jahren verstorbener früherer Ehemann Sean zu sein. Man ist redlich bemüht, das konsequent durchzuziehen, an entscheidender Stelle bleibt die Logik aber auf der Strecke. So ist es letztlich eine Glaubensfrage. Hölzerne Dialoge und unglaublich lange Kameraeinstellungen (fast wie bei Tarkowskij) sind etwas gewöhnungsbedürftig. Gegen Ende wird es dann fast unerträglich, wenn Kidman vor ihrem 2. Zukünftigen kniet, seine Hand küsst und ihn um Verzeihung bittet. Und in der letzten Einstellung im Hochzeitskleid in der Brandung umherirrt.
Schwimmt der Film auf der Esoterik-Welle, die ja wieder Konjunktur hat? Die Beatles waren in den 60er Jahren in Indien, ist schon lange vorbei – das kann es also auch nicht sein. Wozu dann dieses Konstrukt?

Martin Zopick · 21.10.2008

Die Idee, die dem Film zugrunde liegt, ist ja ganz interessant, egal ob man nun an Reinkarnation glaubt oder nicht. Und auch trotz der beeindruckenden schauspielerischen Leistung von Nicole Kidman, bleibt doch ein schaler Nachgeschmack zurück.
Bevor die Kidman sich zum zweiten Mal verheiratet, taucht ein zehnjähriger Bub auf und behauptet, ihr vor 10 Jahren verstorbener früherer Ehemann Sean zu sein. Man ist redlich bemüht, das konsequent durchzuziehen, an entscheidender Stelle bleibt die Logik aber auf der Strecke. So ist es letztlich eine Glaubensfrage. Hölzerne Dialoge und unglaublich lange Kameraeinstellungen (fast wie bei Tarkowskij) sind etwas gewöhnungsbedürftig. Gegen Ende wird es dann fast unerträglich, wenn Kidman vor ihrem 2. Zukünftigen kniet, seine Hand küsst und ihn um Verzeihung bittet. Und in der letzten Einstellung im Hochzeitskleid in der Brandung umherirrt.
Schwimmt der Film auf der Esoterik-Welle, die ja wieder Konjunktur hat? Die Beatles waren in den 60er Jahren in Indien, ist schon lange vorbei – das kann es also auch nicht sein. Wozu dann dieses Konstrukt?