Berlin East Side Gallery

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

25 Jahre Kunst im öffentlichen (Stadt)Raum

Seit 25 Jahren gibt es nun schon die East Side Gallery in Berlin – und es ist nicht allein die Parallelität ihres Entstehens mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung der ehemals geteilten Stadt und des gesamten Landes, die sie zu einem wirkmächtigen Symbol einer bewegenden Epoche werden lässt. Der enorme Symbolwert der East Side Gallery speist sich aus verschiedenen Faktoren: Zum einen stellt sie das längste noch erhaltene Stück der Berliner Mauer und damit ein lebendiges und belebtes Stück deutsch-deutscher Erinnerungskultur dar. Auf 1316 Metern Länge zwischen dem Berliner Ostbahnhof und der Oberbaumbrücke entlang der Spree ist sie zugleich die weltweit längste Open-Air-Galerie und ein Wahrzeichen der Stadt, das auf der ganzen Welt bekannt geworden ist.
Mit Berlin East Side Gallery haben die beiden Berliner Filmemacher Karin Kaper und Dirk Szuszies diesem gar nicht angestaubten Denkmal nun einen zweistündigen Dokumentarfilm gewidmet, der sich der bewegten Vergangenheit und der immer wieder schwierigen Gegenwart dieser einzigartigen Einrichtung widmet. Entstanden ist dabei ein Stück lebendige deutsche Geschichte im Zeichen der Wiedervereinigung und ein beeindruckendes Porträt der menschlichen Kreativität, die sich in Berlin bündelt.

Die Geschichte der East Side Gallery begann kurz nach dem Fall der Mauer, der Film greift aber in einer schnellen Montage von Originaltönen auch die Vorgeschichte des Symbols der Trennung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Ernst Reuter ist da zu hören, John F. Kennedy und Ronald Reagan bis hin zu Günter Schabowski, dessen Worte das Ende der Mauer und den Niedergang der DDR besiegeln. Dann folgt ab dem Jahr 1990 das zunächst chaotische, dann zunehmend organisierte Treiben der insgesamt 118 Künstler aus 21 Ländern, die sich in der Zeit nach dem Fall der Mauer auf deren Überreste verewigten. Zwar war ursprünglich geplant gewesen, diese Kunstwerke einzeln zu verkaufen, doch bereits 1991 wurde das kreative Kollektivwerk unter Denkmalschutz gestellt und blieb so bis heute weitgehend erhalten – obwohl es immer wieder Versuche von Investoren und Spekulanten gab, sich das Filetstück doch noch unter den Nagel zu reißen. Was in einzelnen Segmenten auch gelang. Für teure Bürogebäude wurden Schneisen in die Mauer geschlagen, obwohl es im Jahre 2008 einen Bürgerentscheid gegeben hatte, der gegen die geplanten Baumaßnahmen am Spreeufer votiert hatte. 2009 schließlich kam es zu einer aufwändigen Restaurierung der Kunstwerke, bei der die Künstler von einst – sofern möglich – Hand anlegten.

Es ist eine Menge Stoff, die Karin Kaper und Dirk Szuszies in ihrer filmischen Langzeitbeobachtung zusammengetragen haben. Und genau diese schiere Materialvielfalt steht auch ein wenig im Zentrum des Films, der die verschiedenen Facetten der East Side Gallery sichtbar machen will. Es fehlt bisweilen ein erzählerischer Faden und eine klare Dramaturgie, die die vielen Zeitsprünge und Aussagen der Beteiligten bündeln. Statt einer klaren Arbeitsthese arbeitet sich der Film an einer Chronologie der Ereignisse ab, die ihm eher den Charakter einer prall gefüllten Sammelmappe verleiht.

Dieser Charakter wird verstärkt durch die Verschiedenartigkeit des Materials: sichtbar spontan gedrehte Szenen bei Demonstrationen gegen den Teilabriss wechseln sich ab mit Archivmaterial, Künstlerinterviews und Impressionen vom Leben rund um die Open-Air-Galerie. Ein Sammelsurium der Meinungen und Sichtweisen, bei denen die Sympathien von Kaper und Szuszies deutlich jenen Beteiligten zugeneigt sind, die für einen Erhalt der East Side Gallery kämpfen, obwohl sie sich jedes Off-Kommentars enthalten, sondern lieber einen vielstimmigen Chor der Meinungen und Köpfe konzertieren.

Ihr Film ist eher (Zeit)Dokument als Dokumentarfilm, wobei vor allem die gewaltige Länge manche Zuschauer, die nicht unmittelbar von der Problematik betroffen sind, vor einige Hürden in Sachen Geduld stellen dürfte. Gleichwohl ist Berlin East Side Gallery ein wichtiger Film für die bewegte Stadt- und Baugeschichte der deutschen Hauptstadt.

Berlin East Side Gallery

Seit 25 Jahren gibt es nun schon die East Side Gallery in Berlin – und es ist nicht allein die Parallelität ihres Entstehens mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung der ehemals geteilten Stadt und des gesamten Landes, die sie zu einem wirkmächtigen Symbol einer bewegenden Epoche werden lässt.
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