Baching

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vom Leben mit der Schuld

Was ist mit denen, die schuldig geworden sind, die die Verantwortung für den Tod eines Menschen in ihrem Gewissen installieren müssen, wie leben sie mit dieser ewigen Bedrückung, wie gehen sie mit dem versehrten Umfeld um? Einer Perspektive zu diesen ebenso ernsthaften wie unbehaglichen Fragestellungen widmet sich Baching von Matthias Kiefersauer, der auch das Drehbuch verfasste und seinen Protagonisten mit der Schuld den ungewöhnlichen, direkten und harten Weg der Konfrontation gehen lässt.
Im oberbayerischen Baching, einem erfundenen kleinen Ort, hat es vor drei Jahren eine Katastrophe entsetzlichen Ausmaßes gegeben: Bei einem Unfall, den ein betrunkener Autofahrer verursacht hat, starb ein kleines Mädchen. Nun kehrt Benedikt Kirchner (Thomas Unger), der seine Strafe bereits verbüßt hat, aus Berlin in sein Heimatdorf zurück – keine leichte Rückkehr, weder für ihn selbst, noch für die Bewohner, am wenigsten für die Eltern des toten Kindes und für Benedikts Familie. Sein Bruder Robert (Stefan Murr) ist nunmehr mit Annette (Bernadette Heerwagen) liiert, die früher mit Benedikt zusammen war, und hat inzwischen ein Kind mit ihr. Das Paar betreibt den Gasthof der Familie mehr schlecht als recht, doch Robert weicht davor zurück, seinen Bruder um Unterstützung zu bitten. Die Eltern des verunglückten Mädchens, die mittlerweile getrennt sind, verhalten sich Benedikt gegenüber völlig unterschiedlich: Während die Mutter Gabi (Marisa Burger) ihn schlichtweg meidet, zeigt sich der Vater Bernhard (Michael Fitz) geradezu auffällig aufdringlich. Und zwischen Benedikt, der bei seiner treuen alten Freundin Laura (Meike Droste) wohnt, die mit im Unfallwagen saß, und seiner einstigen Freundin Annette ereignet sich eine erneute Annäherung …

Es ist die Motivation des traurigen Helden, die mit ihren Implikationen im Grunde den zentralen Aspekt des Films bildet. Würden Andere in einer derartigen Situation wohl eher dazu neigen, irgendwo fernab des Ortes der verhängnisvollen Begebenheiten – vielleicht auch nach einer Konfrontation mit den Beteiligten – ein neues Leben anzustreben, so gut dies eben gelingen kann, entscheidet sich diese Figur für ihr altes. Zum einen in dem komplexen wie verzweifelten Bemühen, so etwas wie Alltäglichkeit in die Begegnungen mit den Dorfbewohnern zu tragen, und zum anderen in dem Beharren auf einen angestammten Platz innerhalb dieser Gemeinschaft, die ihm trotz aller Schwere noch als der bevorzugte Lebensraum erscheint. Damit kommt die Komponente der Heimat hinzu, die sich auch in der stets präsenten Frage niederschlägt, ob eine Person, die solches Unglück verursacht hat, tatsächlich dauerhaft in die bedrückte Gesellschaft zurückkehren sollte. Doch Matthias Kiefersauers Protagonist nimmt sich schlicht das Recht, diese Gemeinschaft mit seinem Schicksal zu konfrontieren, so leise wie hartnäckig, so feinfühlig wie rücksichtslos.

Als bayerische Geschichte will der Regisseur Baching verstanden wissen, der eine moderne Variante des Heimatfilms darstellt und damit den schönen Komödien dieser Region der letzten Jahre einmal ein bayerisches Drama gegenüberstellt. Und ein gelungenes dazu, denn Matthias Kiefersauer geht mit der äußerst diffizilen und brisanten Thematik sehr sorgsam um und setzt dabei auf filigrane Nuancen statt auf reißerische Emotionsszenarien. Dennoch oder aber auch deswegen ist Baching letztlich ein zwiespältiger Film, der zwar gewaltige Ambivalenzen schlüssig transportiert, aber auch zu einer mitunter schwer erträglichen Unentschlossenheit neigt, die allerdings wohl im Wesen der gewaltigen Konflikte beheimatet ist.

Baching

Was ist mit denen, die schuldig geworden sind, die die Verantwortung für den Tod eines Menschen in ihrem Gewissen installieren müssen, wie leben sie mit dieser ewigen Bedrückung, wie gehen sie mit dem versehrten Umfeld um? Einer Perspektive zu diesen ebenso ernsthaften wie unbehaglichen Fragestellungen widmet sich „Baching“ von Matthias Kiefersauer, der auch das Drehbuch verfasste und seinen Protagonisten mit der Schuld den ungewöhnlichen, direkten und harten Weg der Konfrontation gehen lässt.
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Meinungen

Karsten · 13.03.2009

Muss jetzt jeder x-beliebige deutsche Fernsehfilm den Weg auf die Kinoleinwand finden? NEIN!!!