Apple Stories

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Hochmut kommt vor dem Fall

Apple-Produkte sind hip. Im Starbucks sitzen mehr Macbooks als Kaffeetrinker, das iPhone steht auf jedem Wunschzettel und das iPad ist drauf und dran, in der kommenden Generation das Buch zu verdrängen, das bislang immerhin das Radio und das Kino unbescholten überlebt hat. Dass die Konsumenten für den angebissenen Apfel deutlich mehr Geld ausgeben müssen als für ein vergleichbares Produkt anderer Hersteller, kümmert die meisten wenig. Apple hat es längst geschafft, als Marke einen Symbolwert zu etablieren. Das Gerät ist also seinen Preis schon allein aufgrund des Namens wert. Die Funktion ist zweitrangig geworden.
Jeder Hype erreicht eines Tages seinen Zenit und vielleicht ist es nun auch für Apple an der Zeit, sich auf einen Abstieg gefasst zu machen. Der Dokumentarfilm Apple Stories jedenfalls legt diese Vermutung nahe. Ein solches Unternehmen kann sich doch nicht dauerhaft seinen guten Ruf bewahren?! So scheint zumindest Regisseur Rasmus Gerlach zu denken, der in seinem Film den Schattenseiten des Apple-Hypes auf den Grund geht. Er wirft einen Blick auf die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in den Zinnminen Ruandas, wo das für die moderne Handyproduktion notwendige Metall von Arbeitern ohne jede Schutzkleidung abgebaut wird. „Kaum einer wird hier über 30 Jahre alt“, verkündet das Voice-over. Aber nicht nur in Afrika, auch in China leiden die Menschen unter dem amerikanischen Großkonzern. Hier nämlich produziert der Subunternehmer Foxconn unter ähnlich miserablen Bedingungen Apple-Geräte. Auf die Selbstmordwelle innerhalb dieses Betriebs hat Steve Jobs zu Lebzeiten noch selbst reagiert und zu bedenken gegeben, dass prozentual gesehen die Selbstmordrate in den USA höher sei als die in der betroffenen Foxconn-Fabrik. Doch handelt es sich hierbei – daran lässt Rasmus Gerlach in seinem Film keinen Zweifel aufkommen – wohl nur um eine müde Ausrede. Als dritten Schwerpunkt wählt Gerlach Handydoktoren, die Apples Weigerung zur Herausgabe von Ersatzteilen trotzen und mit Hilfe kreativer Energie lädierte iPhones wieder zum Leben erwecken.

Apple Stories gibt dem Teufel einen Namen. Das mag für Menschen funktionieren, die im Kommerz schon immer die Ursache des nahenden Weltuntergangs vermutet haben. Alle anderen brauchen schon etwas mehr Information und Kontext, um die undifferenzierte Bösartigkeit des Computerherstellers als solche zu akzeptieren. Leider bietet Rasmus Gerlach keinerlei Vergleiche an. Die Frage, woher denn andere Hersteller ihr Zinn beziehen und unter welchen Bedingungen deren Handys zusammengesetzt werden, bleibt unbeantwortet. So können die Schilderungen in Apple Stories nur teilweise überzeugen, wirken zu sehr wie die filmische Umsetzung einer persönlichen Antipathie gegen das „faule Obst“. Während der gesamten 83 Minuten Laufzeit gelingt es Rasmus Gerlach nicht, auch nur einen einzigen positiven Aspekt der Apple-Produkte zu benennen.

Aber Apple Stories krankt nicht nur an der undifferenzierten Darstellung des Themas, sondern auch an der Abwesenheit jedweder Form von Narration. Der Dokumentarfilm erinnert in seiner Einfachheit, in dem Ablaufen verschiedener Stationen ohne jedwede dramaturgische Verbindung und mit seinem betonungsarmen, wenn nicht gar fehlbetonten Voice-over an eine TV-Doku auf Phoenix. Und tatsächlich: Eine kleine Recherche bestätigt diesen Verdacht umgehend, denn Apple Stories wurde Anfang des Jahres auf eben diesem Sender bereits im Fernsehen ausgestrahlt.

Die Unternehmenspolitik von Apple ist mit Sicherheit kritikwürdig. Die Aufdeckung der Produktionsbedingungen ist wichtig, um uns einmal mehr vor Augen zu führen, wie die Globalisierung unseren Handykauf mit afrikanischen Bürgerkriegen verknüpft. Doch die weitgehend unreflektierte Verteufelung einer noch sehr beliebten Marke wird die Apple-Jünger mit Sicherheit nicht „zur Vernunft“ bringen. Auch das Fehlen eines Gegenvorschlags, welches Handy denn nun mit gutem Gewissen zu kaufen sei, lässt die Botschaft von Rasmus Gerlach in der Luft verpuffen. Schade eigentlich.

Apple Stories

Apple-Produkte sind hip. Im Starbucks sitzen mehr Macbooks als Kaffeetrinker, das iPhone steht auf jedem Wunschzettel und das iPad ist drauf und dran, in der kommenden Generation das Buch zu verdrängen, das bislang immerhin das Radio und das Kino unbescholten überlebt hat. Dass die Konsumenten für den angebissenen Apfel deutlich mehr Geld ausgeben müssen als für ein vergleichbares Produkt anderer Hersteller, kümmert die meisten wenig.
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Meinungen

Sven Stadie · 14.09.2013

Die Produktion dieses Films wurde bestimmt gesponsert by Samsung ;-). Die und alle anderen Elektrohersteller sind natürlich vorbildliche Samariter. (Ironie Ende)
Der Film mag ja inhaltlich weitestgehend stimmen. Aber man merkt der Macher hackt nur auf Apple herum. Man spürt die Antipathie gegenüber dem angebissenen Apfel förmlich. Wer so unobjektiv auf einem einzelnen Hersteller herumreitet bekommt einen fetten Daumen runter.