Adèle und das Geheimnis des Pharaos

Eine Filmkritik von Lida Bach

Savoir survivre

Ob sich Luc Besson mit diesem Film einen Gefallen getan hat? Vermutlich nicht, denn es hagelt von allen Seiten Kritik, und sein Versuch, eine erfolgreiche Comicreihe um die Hobbyarchäologin Adèle von Jaques Tardi in Szene zu setzen, bleibt in einer Mischung aus Lara Croft, Indiana Jones und James Bond hängen, die sich vor allem durch eine bombastische Inszenierung auszeichnet.
Paris im Jahr 1912: Adèle Blanc-Sec (Louise Bourgoin), ihres Zeichens Autorin, Reporterin und Hobbyarchäologin, tritt als scheinbare Suffragette den Kampf gegen Schurken, prähistorischen Erscheinungen und für die Wiederbelebung ihrer Schwester an. Um Wiederbelebung geht es denn auch vordergründig in dieser Comicverfilmung, denn dem Prähistoriker Professor Menard (Philippe Nahon) gelingt es, einen Pterodaktylus aus dem Ei schlüpfen zu lassen, das seit Millionen Jahren unausgebrütet sein Dasein auf der Erde fristete. Als Adèle davon erfährt, liegt es auf der Hand, dass sie mit seiner Hilfe einige ägyptische Mumien zum Leben erwecken will, die sie zuvor auf ihren zahlreichen Reisen gesammelt hat. Allen voran die des ehemaligen Leibarztes des Pharaos, um mittels seiner medizinischen Künste und Zaubertränke ihre Schwester, die Frida Kahlo gleich in einem Metallkorsett komatös vor sich hin dümpelt, dem Leben wieder zuzuführen. Fortan fliegt ein frisch geschlüpfter Dinosaurier durch Paris und verstaubte Mumien bringen die Bevölkerung in Aufregung, so dass die detektivische Arbeit von Inspektor Caponi (Gilles Lellouche) gefragt ist, der jedoch mehr Interesse am nächsten Baguette als an der Aufklärung des Falles hat. Adèle reist daraufhin nach Ägypten, um das lebensrettende Elixier für ihre Schwester zu suchen, und auch ihr Erzfeind Dieuleveult (Matthieu Amalric) ist scharf auf den besonderen Tropfen. Durch rasante und beherzte Actionszenen gelingt es (natürlich) Adèle den Sieg für sich zu entscheiden, wobei sie trotz ihres Korsetts und Schnürmieders einer Lara Croft die Show stiehlt…

Louise Bourgoin, die noch in Das Mädchen aus Monaco das blonde Dummchen gegeben hat, soll nun als toughe Superfrau herhalten. Das funktioniert nicht wirklich, erscheint oftmals gekünstelt und unterscheidet sich vor allem von der Figur der Comic-Vorlage. Jaques Tardi zeichnete in seiner zehnbändigen Serie Adèle als harsches Raubein, das wenig von sogenannten weiblichen Tugenden aufzuweisen hatte, von denen Louise Bourgoin jedoch zu viel besitzt. Von der unglücklichen Wahl der Hauptdarstellerin abgesehen, ist die Verfilmung durch Luc Besson, der mit Im Rausch der Tiefe und Léon – Der Profi unvergessliches Actionkino schuf, weit unter seinen Fähigkeiten geraten.

Was die Geschichte betrifft, hat er sich zwar weitgehend an die Vorlage gehalten, aber die Umsetzung ist in allem zu überzeichnet und pompös geworden. Das mag daran liegen, dass er versucht hat, das Comicfeeling auf den Film zu übertragen. Aber gerade bei der Figur des Bösewichtes Dieuleveult (Matthieu Amalric) ist das sehr augenfällig, denn die Maske hat hier deutlich zu sehr aufgetragen, genau wie bei Inspektor Caponi (Gilles Lellouche), der oftmals zur Farce gerät. Trotz allem, wenn man bei Adèle kurzweilige Kinounterhaltung sucht, dann findet man sie auch. Ob aber Kinder an der Story Gefallen finden und ihr inhaltlich folgen können, ist fraglich, denn die weist oftmals erzählerische Brüche auf und wirkt dann doch zu konstruiert. Somit bietet sich der neueste Film von Luc Besson nicht wirklich als Family Entertainment an, sondern ist doch eher für das Kind im Manne bzw. für das in der Frau gemacht.

(Silvy Pommerenke)

„Eines sollten Sie über sie wissen: sie hört auf ihre Instinkte, nicht auf ihre Verleger.“, heißt es zu Beginn von Adèle und der Fluch des Pharao aus dem Off. Auf die Heldin von Jaques Tardis gleichnamiger Comicreihe mag es zutreffen. Auf der Leinwand hingegen folgt die von Louise Bourgoin verkörperte Journalistin und Romanautorin gehorsam dem Willen von Regisseur und Drehbuchautor Luc Besson.

„Mon Dieu!“, klagt da nicht nur der behäbige Inspektor Caponi (Gilles Lellouche). Ein Petrodactylus geht im Paris des Jahres 1912 auf Beuteflug, frisch geschlüpft aus einem im Naturkundemuseum verwahrten Ei. Verantwortlich dafür ist der greise Professor Menard (Philippe Nahon), der mittels okkulter Reanimationspraktiken das urzeitliche Ungetüm zu neuem Leben erweckt hat. Menards ungewöhnliches Talent für Wiederbelebung soll auch die altägyptische Mumie erwecken, mit der die junge Journalistin und Schriftstellerin Adèle Blanc-Sec (Louise Bourgoin) soeben von einer gefährlichen Nil-Exkursion zurückgekehrt ist. Mit dem altägyptischen Heilwissen der Mumie will Adèle das Leben ihrer in einer Art Todesschlaf dahin vegetierenden Schwester retten. Adèles hinterhältiger Erzfeind Dieuleveult, der liebeskranke Forscher Andrej (Nicolas Giraud) und das widerspenstige Urtier sind da die geringsten Sorgen der unerschrockenen Schriftstellerin. Im Paris an der Schwelle zur Moderne entspinnt sich eine Handlung, deren Unwahrscheinlichkeit die der von Adèle verfassten sensationellen Romane noch um einiges übertrifft.

„Humor beruhigt das wildeste Tier.“, heißt es in Adèle. Doch statt geistreichem Witz bietet Luc Bessons Kinofassung der Les adventures extraordinaires des Adele Blanc-Sec, der in den deutschen Kinos unter dem vorläufigen Titel Adèle und Geheimnis des Pharaos anlaufen soll, vor allem Action. „Vielleicht hat das die Pharaonen zum Lachen gebracht. Aber das ist das 20. Jahrhundert.“, bemerkt angesichts der angestaubten Gags sogar die Titelheldin schnippisch. Tardis Mademoiselle Blanc-Sec zeichnet ihr knochentrockener Humor aus. Den verderben der Heldin selbst die noch knochentrockeneren Mumien nicht, mit denen sie es in einem der Abenteuer zu tun bekommt, die Besson in die aus mehreren Comic-Bänden zusammengefügte Filmhandlung integriert. Tardis Erzählkunst gibt sich ebenso spröde wie seine Protagonistin, seine Zeichnungen sind ebenso grobschlächtig wie die Gesichtszüge seiner Heldin. Hat man den Kinofilm zuerst gesehen, ist man beim Betrachten der Comics beinahe ernüchtert und muss erkennen, dass Louise Bourgoin um einiges verführerischer als ihr gemaltes Pendant ist. Deren Reiz sind eher ihre inneren Besonderheiten.

Auf die nur Kennern zugänglichen verborgenen Qualitäten der Geschichten, deren Komplexität sich teils erst nach wiederholtem Lesen erschließt, spielt bereits der Nachname Adèles an. „Blanc-Sec“, weiß und trocken, sind klassische Attribute des Champagners. Bessons Verfilmung gereicht nicht einmal zu einem guten Weißwein, bestenfalls ist sie ein mittelmäßiger Sekt. Hübsch anzusehen, erheiternd und dank Bourgoins kühler Koketterie dezent prickelnd. Doch die Süße steigt schnell zu Kopfe. Das vorgebliche Edelprodukt entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als reichlich unausgegoren, der Charakter ist nicht samtig, sondern bitter. Und geschmacklich ist das Ganze eher fragwürdig, was durchaus an der einen oder anderen Zutat liegen dürfte, die für falsche Zwischentöne sorgt.

Araber sind in Adèle ungeschickte Diener, schlimmstenfalls heimtückische Grabräuber, die grinsend ihre verfaulte Zähne blecken und sich „Allah ist groß!“ schreiend gierig auf Goldberge stürzen. Im Vergleich dazu kommt der Russe Andrej Zborowski als tölpelhafter Liebesnarr noch recht glimpflich davon. Dennoch: Diese rassistischen Seitenhiebe gehören zu den unangenehmen Seiten von Adèle und Geheimnis des Pharaos.

Ihre tollkühnen Abenteuer besteht Adèle, um ihrer in Totenstarre vegetierende Zwillingsschwester zu heilen. In einem Nagelkorsett, wie es sich Frida Kahlo auf ihrem berühmten Selbstporträt anlegt, wirkt Adèles Jugendrivalin wie eine lebende Marionette, die die Schriftstellerin mehr aus Sadismus denn aus Verlustangst am Leben erhält. Arbeitet Tradis Comic solche düstere Nuancen bewusst heraus, übertüncht sie Besson mit cineastischen Spielereien. Da saust Adèle auf einem Flugsaurier wie E.T. am Vollmondhimmel entlang, muss in fünf groteske Verkleidungen nacheinander schlüpfen und Matthieu Amalric, der in James Bond gekonnt den kühlen Bösewicht gab, wird bis zur Unkenntlichkeit geschminkt als Widersacher Dieuleveult zum Schmierenkomödianten degradiert.

Den subtilen und spröden Charme der Comics opfert die Kinofassung der schieren Effekthascherei. Allein Tardis hochkarätige Vorlage und das sympathische Ensemble verhindern ein cineastisches Fiasko. Doch wie einer der Charaktere treffend zu Adèle sagt: „Ich bin einer Ihrer eifrigsten Leser, aber das ist die dümmste Geschichte, die ich je gehört habe.“

Adèle und das Geheimnis des Pharaos

Ob sich Luc Besson mit diesem Film einen Gefallen getan hat? Vermutlich nicht, denn es hagelt von allen Seiten Kritik, und sein Versuch, eine erfolgreiche Comicreihe um die Hobbyarchäologin Adèle von Jaques Tardi in Szene zu setzen, bleibt in einer Mischung aus Lara Croft, Indiana Jones und James Bond hängen, die sich vor allem durch eine bombastische Inszenierung auszeichnet.
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Meinungen

Läscher · 01.10.2010

Nichtssagend, nervig, verworren.
Habe die ganze Zeit auf die französische Charmeinvasion gewartet, die leider ausblieb.
Dann lieber "MicMacs".