A United Kingdom

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

"I know I love you"

Mit Dido Elizabeth Belle schuf die britische Filmemacherin Amma Asante im Jahre 2013 ein starkes, auf einer wahren Begebenheit beruhendes historisches Drama, das sich dem Rassismus im England des 18. Jahrhunderts widmete. Auch die Geschichte von Asantes neuer Arbeit A United Kingdom ist der Realität entsprungen. Auf Grundlage von Susan Williams‘ Werk Colour Bar schildert das Drehbuch von Guy Hibbert die folgenreiche Begegnung des adligen Seretse Khama, der später zum ersten Präsidenten des afrikanischen Staats Botsuana werden sollte, und der Büroangestellten Ruth Williams kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in London.
Ehe A United Kingdom zu einem dezidiert politischen Film wird, erzählt er zunächst von einer Liebesfindung – und erinnert dabei sowohl in der Dialoggestaltung als auch der Inszenierung und dem Schauspiel im besten Sinne an die Schöpfungen der Classical-Hollywood-Ära. Als Ruth (Rosamund Pike) ihre jüngere Schwester Muriel (Laura Carmichael) auf eine Tanzveranstaltung begleitet, wird sie dort auf den leidenschaftlich über Inklusion und Gleichberechtigung sprechenden Seretse (David Oyelowo) aufmerksam – und er auch bald auf sie. Es ist Liebe auf den ersten Blick, die rasch zu weiteren Verabredungen führt. Seretse studiert in Oxford, ist juristisch tätig und verdingt sich nebenbei als Amateur-Boxer, doch er ist nur vorübergehend in Großbritannien: Als Thronfolger, dessen Eltern vor langer Zeit verstarben, muss er in seine Heimat – das britische Protektorat Betschuanaland – zurückkehren, wo ihn sein Onkel Tshekedi (Vusi Kunene) als temporärer Regent erwartet. Kurzerhand macht Seretse Ruth einen Heiratsantrag, den diese ohne zu zögern annimmt.

Sie wisse, sie liebe ihn, sagt Ruth, als sie von Seretses Antrag überrascht wird – und dank der Chemie zwischen Rosamund Pike und David Oyelowo können wir dies als Publikum sofort glauben. Beim ausgelassenen Tanz zu Jazz-Klängen, beim Herumalbern in der Billard-Bar und in einigen hübsch-ungelenken Momenten lernen wir das Paar (und die beiden einander) kennen und lieben. Amma Asante zeigt zwei kluge Menschen mit Herz, die – ohne betulich anzumuten – tatsächlich wie zwei Personen ihrer Zeit wirken, was trotz perfektem Produktionsdesign und exquisiten Kostümen durchaus nicht in jedem historischen Film zu glücken vermag. Überdies wird deutlich, dass den beiden die Intensität ihrer Gefühle auch Angst macht, sie sich aber von niemandem diktieren lassen wollen, wen sie lieben. Damit wird das wichtige Fundament für den sich anschließenden Kampf gelegt. Die Attacke einer Männergruppe auf offener Straße, der sich Seretse und Ruth eines Abends ausgesetzt sehen, ist ein erstes Anzeichen, dass die beiden auf Widerstand stoßen werden. Als Ruth ihre Familie von den Hochzeitsplänen in Kenntnis setzt, wendet sich ihr Vater (Nicholas Lyndhurst) von ihr ab. Auch Seretses Umfeld ist zunächst gegen eine weiße Frau aus England (und obendrein aus einfachen Verhältnissen) als kommende Königin von Betschuanaland. Alsbald wird das Glück der beiden gar zum Politikum: In britischen Diplomatenkreisen wird die Ehe als Gefahr für das politische Klima angesehen, da sich in der Republik Südafrika gerade die Praxis der Apartheid durchsetzt. Nachdem Seretse und Ruth bereits als Ehepaar in Betschuanaland leben, gelingt es der britischen Regierung, die beiden geografisch wieder voneinander zu trennen: Während Seretse nach einem kurzen London-Aufenthalt die Ausreise verweigert wird, erwartet Ruth in ihrer neuen Heimat das erste gemeinsame Kind.

Mit Jack Davenport als Diplomat und Tom Felton als Commissioner hat A United Kingdom recht eindimensionale Antagonisten. Die Stärken des Films liegen – neben den Paarszenen – jedoch vor allem in den Konfrontationen in Betschuanaland: Wenn Ruth von Seretses Schwester Naledi (Terry Pheto) und Tshekedis Frau Ella (Abena Ayivor) kühl und mit direkten Worten empfangen wird, erzeugt Asante mit ihren drei hervorragenden Schauspielerinnen eine bemerkenswerte emotionale Spannung. Es gibt erschütternde und rührende Passagen; oft sind es kleine Momente statt große Gesten, mit denen die Regisseurin Zwischenmenschliches vermittelt. Pike verleiht ihrer Figur etwas Resolutes und auch Oyelowo liefert nach Selma erneut eine energische Darbietung – dennoch werden Ruth und Seretse nicht unnötig überhöht; ihnen werden auch Augenblicke der Schwäche zugestanden. Dramaturgisch ist A United Kingdom ein vergleichsweise konventionelles Biopic, das aber stets für sich einzunehmen weiß. In eindrücklichen Bildern begleiten Asante und ihr Kameramann Sam McCurdy ein Paar, das mit seiner gemeinsamen Kraft Geschichte schrieb. Das Ergebnis ist ein stilvoller, couragierter, eindringlich gespielter Film.

A United Kingdom

Mit „Dido Elizabeth Belle“ schuf die britische Filmemacherin Amma Asante im Jahre 2013 ein starkes, auf einer wahren Begebenheit beruhendes historisches Drama, das sich dem Rassismus im England des 18. Jahrhunderts widmete. Auch die Geschichte von Asantes neuer Arbeit „A United Kingdom“ ist der Realität entsprungen.
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