A Cure for Wellness (2017)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Keine heile Welt

Große Erfolge und ein krachender Flop – Gore Verbinski hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Mit dem Horror-Remake Ring gelang dem US-Amerikaner 2002 der internationale Durchbruch. Im Anschluss begründete er mit Fluch der Karibik eine überraschend einträgliche Kino-Reihe, für deren zweiten und dritten Teil er ebenfalls verantwortlich war. Auf das oscargekrönte Animationsabenteuer Rango folgte 2013 das vor allem in den USA böse verrissene und an den Kinokassen gescheiterte Western-Epos Lone Ranger, dem viele Kritiker nicht zu Unrecht seine Tonschwankungen und seine Überambition vorhielten. Gleichwohl ist der zumindest phasenweise recht unterhaltsame Film ein Beleg dafür, dass Verbinski bei der Umsetzung seiner Visionen keine Herausforderungen scheut und ein vortreffliches Gespür für einprägsame Bildkompositionen besitzt. Eigenschaften, die auch in seiner neuen Regiearbeit zum Tragen kommen. Der vorwiegend in Deutschland gedrehte Mystery-Thriller A Cure for Wellness verbindet eine zuweilen atemberaubende Optik mit einer Handlung, die sich quer durch die Geschichte des Gruselgenres zitiert.

Seinen Anfang nimmt der Plot in einem der bedrohlich aufragenden Hochhaustürme an der New Yorker Wall Street, in dem der ehrgeizige Lockhart (Dane DeHaan) an einem raschen Karriereaufstieg feilt. Da eine wichtige Firmenfusion kurz bevorsteht, erhält er von seinen Vorgesetzten eines Tages einen ungewöhnlichen Auftrag. Umgehend soll der junge Mann in die Schweiz fliegen und den CEO seines Unternehmens (Harry Groener), der es sich in ein abgeschiedenes Sanatorium verkrochen hat, in die USA zurückbringen. Widerwillig macht sich der skrupellose Manager auf den Weg nach Europa und muss schon bald feststellen, dass sich sein Anliegen schwieriger gestaltet als ursprünglich gedacht. Nach einem Autounfall, der Lockhart einen Beinbruch bescherte, findet sich der Amerikaner plötzlich als Patient in der Klinik von Dr. Volmer (Jason Isaacs) wieder, der auf eine besondere Wasserkur vertraut. Je länger der ungeduldige Broker in dem Wellness-Center verweilt, umso mehr ist er davon überzeugt, dass hinter den altehrwürdigen Mauern Grauenhaftes vor sich geht.

Verbinski und Drehbuchautor Justin Haythe (Snitch – Ein riskanter Deal) nehmen sich zunächst sehr deutlich die krankhaften Auswüchse unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft zur Brust. Im Prolog arbeitet sich ein Kollege Lockharts buchstäblich zu Tode. Und der in die Schweiz geflüchtete CEO geißelt in einem apokalyptisch anmutenden Brief das schrankenlose Gewinnstreben, dem er sich von nun an komplett verschließen will. Bei Dr. Volmer hat er – so lässt er die Vorstandsriege wissen – endlich zu sich gefunden und möchte daher nicht mehr in sein altes Leben zurückkehren. Kritik am rabiaten Ellenbogengehabe der Wall Street äußert der Film auch über die Familiengeschichte des Protagonisten, die sich nach und nach in Rückblenden offenbart.

Trotz dieser kritischen Untertöne konzentrieren sich die Macher vor allem darauf, eine unheilschwangere und bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, wobei sie mit vollen Händen aus dem Fundus literarischer und filmischer Gruselstoffe schöpfen. Das schon in den ersten Minuten erklingende, gesummte Wiegenlied lässt an die unheimliche Melodie aus Roman Polanskis Klassiker Rosemaries Baby denken, während Lockharts Anfahrt zu Volmers Klinik, bei der sein Wagen auf einer schmalen Alpenstraße zu sehen ist, die Eröffnungssequenz von Stanley Kubricks Shining ins Gedächtnis ruft. Erinnerungen an Martin Scorseses Anstaltsschocker Shutter Island und Thomas Manns Roman Der Zauberberg weckt schließlich das entlegene, schwer zugängliche Sanatorium. Nach dem Einstieg werden wir von den modernen Glasbauten Manhattans in ein gotisches Setting – viele Außenszenen entstanden auf Burg Hohenzollern in Baden-Württemberg – transportiert, in dem die Zeit offenkundig stehen geblieben ist. Vom amerikanischen Großstadtdschungel ins archaische europäische Hinterland – sicherlich bemüht A Cure for Wellness ein altes Hollywood-Klischee. In diesem Fall trägt die Wahl aber entscheidend dazu bei, dass sich recht schnell eine dichte, unbehagliche Stimmung breitmacht.

Lockhart, der so schnell wie möglich wieder die Heimreise antreten will, wirkt wie ein Fremdkörper in Volmers Kureinrichtung, die sich angeblich ganz dem Wohl ihrer Patienten verschreibt. Die reichen, durchweg älteren Gäste sollen den Stress ihres Berufslebens hinter sich lassen, weshalb es hoch oben auf dem Berg keinen Handy-Empfang gibt. Gemeinsam mit dem anfangs genervten, dann neugierigen Banker taucht der Zuschauer in den Alltag der Klinik ein, was Verbinski und Kameramann Bojan Bazelli ausreichend Gelegenheit gibt, das prächtige, akribisch ausgearbeitete Set-Design zu erforschen. Lange, gleichförmige Gänge, weiß gekachelte Dampfbäder und antiquierte Behandlungsapparaturen sind nur einige der beeindruckenden Errungenschaften, die der Mystery-Thriller zu bieten hat. In jeder Einstellung lassen sich spannende Entdeckungen machen. Auch dann, wenn der Film mit unterschiedlichen Spiegelungen operiert.

Die schaurig-schönen Bilder rufen eine Aura des Geheimnisvollen hervor, die mit allerhand merkwürdigen Begebenheiten und vereinzelten Schreckmomenten unterfüttert wird. Eine eigenartige Unterwasser-Therapie mit Aal-Dreingabe lässt handfeste Beklemmung aufkommen. Eine blutige Legende wabert durch die Flure des Sanatoriums. Ein feenhaftes Mädchen (ausdrucksstark, aber mit einer eindimensionalen Rolle abgespeist: Mia Goth) zieht die Aufmerksamkeit der Hauptfigur auf sich. Und eine äußerst schmerzliche Zahnbehandlung geht durch Mark und Bein. Es passiert einiges, und doch wird man das Gefühl nicht los, dass sich die Erzählung lange Zeit im Kreis dreht. Mehr noch: Obwohl es diverse deutliche Anzeichen für unheilvolle Vorgänge im Inneren der Anstalt gibt, kann der junge Börsianer einfachste Indizien nicht richtig deuten.

Biegt A Cure for Wellness nach einem übertrieben aufgeblähten zweiten Akt endlich auf die Zielgerade ein, verliert der Film endgültig seine Bodenhaftung und suhlt sich fortan in einem barocken Trash-Showdown, der einem Horrorstreifen der alten Hammer-Schmiede entstammen könnte. Hier schießen Verbinski und Haythe über das Ziel hinaus, präsentieren dem Publikum aber zugleich eine Auflösung, die sich eigentlich schon lange vorher aufgedrängt hat. Ähnlich wie in Guillermo del Toros Gruseldrama Crimson Peak findet die visuelle Brillanz auf inhaltlicher Ebene zu wenig Entsprechung, was Mystery-Enthusiasten trotzdem nicht von einer Sichtung abhalten sollte.
 

A Cure for Wellness (2017)

Ein ambitionierter junger Manager soll seinen Chef aus einem idyllischen aber mysteriösen „Wellnes Center“ in den Schweizer Alpen abholen. Bald entdeckt er, dass die wundersamen Behandlungen vor Ort nicht das sind, was sie scheinen. Als er beginnt die schrecklichen Geheimnisse zu lüften, wird seine mentale Gesundheit auf die Probe gestellt. Schon bald wird er auch mit der mysteriösen Krankheit diagnostiziert, die alle anderen Patienten vor Ort behält und sie nach Heilung hoffen lässt.

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Meinungen

Luis · 01.05.2021

Warnung vor diesem Film:
ABSOLUTER SCHWACHSINN und für Thriller Fans eine Zumutung.

Der schlechteste Thriller aller Zeiten mit einer Story ohne Tiefgang oder Sinn . Ich bewerte normalerweise keine Filme im Internet, jedoch ist dieser Film so unglaublich schlecht, dass ich meinen Frust jetzt hier abbauen muss. Ich habe 2,5h ertragen, da ich dachte dass das Ende noch einen unerwarteten Plottwist bringen könnte und dadurch wenigstens ein Ansatz einer Story entsteht, doch leider wartet man darauf vergeblich. Ich empfehle dringend anstatt sich den Film anzuschauen, eher den Strom für den Fernseher spart. Denn diese 2,5h Lebenszeit kommen nie wieder zurück. Selbst wenn ich mir 2,5h selbst Schmerzen zufügen würde, anstatt diesen Schrott zu schauen, hätte ich dadurch etwas sinnvolleres getan.

Simona · 24.03.2021

Als Schweizerin muss ich leider sagen, dass hier sehr sehr sehr schlecht recherchiert wurde! Kommt ziemlich dilettantisch daher...

Alpendorf in Graubünden - Weshalb trägt der Polizist auf der Uniform die Flagge des Kantons Aargau? No-Go.

Autonummer - Kein einziges schweizer Autoschild beinhaltet Buchstaben! No-Go.

Abgelegenes Alpendorf in Graubünden - Die renitenten Punks sind hier ziemlich deplatziert. Diese Gruppe trifft man eher in Städten wie Zürich.

Schweizer-Deutsch - Die verschiedenen Dialekte sind eher auf der österreichischen Seite angesiedelt. Kein Schweizer spricht so, ausser es ist ein eingebürgerter Österreicher 🤣

Anette · 27.02.2021

Tut mir leid, wenn ich jemanden Kaugummi kauen sehe und das in den ersten 15 Minuten, schalte ich sofort ab. Muss das sein?