7915 KM - Auf den Spuren der Rallye nach Dakar

Eine Filmkritik von Red.

Abseits der Strecke

Eigentlich haben wir ja von der Rallye Paris-Dakar ganz andere Bilder im Kopf. Die alljährlich stattfindende Wüstenrallye, die in diesem Jahr nach Südamerika verlegt wurde, gilt als Motorsport-Event der Extraklasse, in der sich die Fahrer und ihre fahrbaren Untersätze extremen Herausforderungen ausgesetzt sehen. Die Kritik, die vielfach an dem Rennen laut wurde, kommt nicht von ungefähr: Seit Beginn der Rallye im Jahre 1979 starben bei Unfällen mindestens 59 Menschen. Nach dem Tod zweier Kinder bildete sich gar ein Verband, der die Abschaffung der Rallye forderte. Nicht nur darunter hat das Image des Rennens erheblich gelitten. Vielen Kritikern ist auch die ihrer Auffassung nach implizite Verachtung der Teilnehmer gegenüber dem afrikanischen Kontinent und seinen Einwohnern ein Dorn im Auge. Von den ökologischen Aspekten einmal ganz zu schweigen. Im Jahre 2007 hat sich der österreichische Filmemacher Nikolaus Geyrhalter auf den Spuren der Rallye Paris-Dakar entlang der Strecke bewegt. Seine Bilder, die er entlang der Piste gefunden hat, entwerfen ein ganz anderes Bild von Afrika. Und sie sind unter Umständen der Abgesang auf das Rennen, dessen Zukunft vorerst ungewiss ist.
Was aber findet sich abseits des Wegesrandes? Wer sind die Menschen, die auch dann noch dort leben, wenn die Karawane aus hoch gezüchteten Boliden, prominenten Fahrern, Mechanikern, PR-Managern und Fernsehsendern längst wieder weiter gezogen ist? Wer sind diese Menschen, die man sonst nur am Wegesrand sieht als schmückendes Beiwerk für möglichst rasante, möglichst exotische, möglichst spektakuläre Bilder, die rund um den Globus gesandt werden? Was bleibt zurück, wenn der Staub sich gelegt hat?

Im Gegensatz zum Rallye-Tross bewegte sich Geyrhalter (Unser täglich Brot) mit großer Bedächtigkeit durch Afrika. Statt 14 Tage wie die Rallye war das Filmteam vier Monate lang unterwegs, führte 70 Interviews und drehte mehr als 100 Stunden HD-Material, aus dem dieser Film entstand. In Umkehrung zu den Bildern, die man sonst von der Rallye Paris-Dakar kennt, stehen hier die Menschen im Mittelpunkt, von den hoch gezüchteten Fahrmaschinen sieht man – mit Ausnahme eines Imagefilms beim Start der Rallye – allenfalls die Spuren, die diese auf dem Boden hinterlassen. Und das sind nicht die einzigen Hinterlassenschaften der Motorsport-Karawane: Geyrhalter zeigt auch Kinder, die mit weggeworfenen Reifen der Rallyefahrzeuge spielen, setzt in genau austarierten und oftmals starren Einstellungen die Pisten und Dünen, die die Narben des Spektakels tragen, in Szene und spiegelt so den natürlichen Rhythmus der Regionen und ihrer Einwohnern wider.

Er habe, so Geyrhalter in einem Interview, den Rallyetross nach der Überfahrt nach Marokko absichtlich aus den Augen verloren und habe sich vor allem vom Zufall treiben lassen. Und so haftet den Begegnungen häufig etwas Spontanes an. Die Interviews wirken meist wie zufällige Fundstücke, die ein ganz anderes Bild der Länder und Regionen entwerfen, die man sonst nur als Kulisse für das große Rennen vorbeifliegen sieht. Oft genug halten diese Gespräche der Rallye und unserer westlichen Lebensweise einen Spiegel vor. Wenn man am Ende des Films die beschlagnahmten Flüchtlingsboote in Dakar sieht, dann wirkt das wie ein bitteres Statement zu der Rallye: Auf der einen Seite zieht es die Teams und die begleitende Medienmeute magisch in den Süden, auf der anderen Seite wollen die Flüchtlinge aus Afrika genau dorthin. Kein Wunder, wenn einem da in den Sinn kommt, dass auch die Rallye beinahe so etwas ist wie eine Flucht – auch wenn die Motive, die Umstände und die Dauer natürlich ganz andere sind.

7915 KM - Auf den Spuren der Rallye nach Dakar

Eigentlich haben wir ja von der Rallye Paris-Dakar ganz andere Bilder im Kopf. Die alljährlich stattfindende Wüstenrallye, die in diesem Jahr nach Südamerika verlegt wurde, gilt als Motorsport-Event der Extraklasse, in der sich die Fahrer und ihre fahrbaren Untersätze extremen Herausforderungen ausgesetzt sehen. Die Kritik, die vielfach an dem Rennen laut wurde, kommt nicht von ungefähr: Seit Beginn der Rallye im Jahre 1979 starben bei Unfällen mindestens 59 Menschen.
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