13 Sins

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Das Wunder der Transformation

Die interessantesten Geschichten drehen sich darum zu erkunden, wozu ein Mensch fähig ist. Was braucht es, um aus einem normalen, funktionierendem Mitglied der Gesellschaft ein Monster zu machen? Und wie leicht lässt sich ein Individuum verbiegen, bis es an den Punkt gerät, an dem Moral keinerlei Bedeutung mehr zu haben scheint?
Elliot (Mark Webber) hat kein Glück. Gerade hat er seinen Job verloren, also wie soll er für seine Zukünftige und das sich auf dem Weg befindliche Baby sorgen? Dann erhält er einen Anruf. Jemand bietet ihm 1.000 Dollar, wenn er eine Fliege tötet. Elliot nimmt die Herausforderung an. Mit dem nächsten Anruf verlangt man von ihm, die Fliege zu essen. Auch das tut er für ein erkleckliches Sümmchen. Dann werden ihm die Regeln des Spiels erklärt. Er muss 13 Aufgaben meistern. Für jede wird er bezahlt, am Ende wird er Millionär sein, aber er darf das Spiel nicht abbrechen und auch niemandem davon berichten, ansonsten verliert er alles.

Das Remake eines hierzulande nicht ausgewerteten thailändischen Films untersucht clever, wie persönliche Eskalationsstufen mit jeder neuen Herausforderung überschritten werden. Ähnlich dem Film Cheap Thrills stellt 13 Sins die Frage, was man für Geld zu tun bereit ist. Das Perfide daran: Die Aufgaben sind anfangs leicht, das Geld locker verdient, aber mit jeder neuen Aufgabe wird es schwerer. Das Gewissen, aber auch das moralische Zentrum des Spielers wird attackiert. In ihm herrscht Aufruhr, da es einen Punkt ohne Wiederkehr gibt, an dem er so viel bereits getan hat, dass Aufgeben im Grunde keine Option mehr ist, da es gleichbedeutend mit dem Wegwerfen des eigenen Lebens ist.

Die Hintergründe dieses Spiels bleiben im Verborgenen, sie werden nur angerissen, was durchaus auch eine Schwäche des Films ist. Es ist so etwas wie ein umgekehrter MacGuffin, nichts, hinter dem die Hauptfigur her ist, sondern was sie antreibt. Für den eigentlichen Kern der Geschichte ist es aber im Grunde irrelevant, was man über die Spielmacher weiß. Der interessante Punkt ist die Transformation zu beobachten und zu sehen, wie aus einem anständigen, guten Menschen ein Monster wird. Es gibt einen Punkt in dieser Geschichte, an dem folgt Elliot nicht mehr den Herausforderungen des Spiels, sondern wird proaktiv. Man kann argumentieren, dass das, was er im Zuge des Spiels macht, im Grunde etwas ist, das er schon immer machen wollte.

Es ist das Loslösen von zivilisatorischen Normen, das den Protagonisten in eine Art Rausch versetzt, aber auch für den Zuschauer reizvoll ist. Im Verlauf der Geschichte wir klar: Was auch immer Elliot anstellen wird, wenn er gewinnt, gibt es auch keine strafrechtlichen Konsequenzen. Filme wie 13 Sins kokettieren mit der Ruchlosigkeit. Sie sind wie eine Herausforderung für den Zuschauer, der sich fragen muss, bis zu welchem Punkt er dieses Spiel weitertreiben würde.

Die Stärke eines solchen Projekts ist das Gedankenspiel, die Auseinandersetzung des Publikums mit sich selbst. Die Schwäche ist ein etwas zu sehr auf Überraschungseffekt abzielendes Ende, das noch dazu inkonsequent daherkommt. Nichtsdestotrotz bringt Daniel Stamms (Der letzte Exorzismus) neuester Film frischen Wind ins Genre. Kurz gesagt: Sehenswert.

13 Sins

Die interessantesten Geschichten drehen sich darum zu erkunden, wozu ein Mensch fähig ist. Was braucht es, um aus einem normalen, funktionierendem Mitglied der Gesellschaft ein Monster zu machen? Und wie leicht lässt sich ein Individuum verbiegen, bis es an den Punkt gerät, an dem Moral keinerlei Bedeutung mehr zu haben scheint?
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