Log Line

Benzin, Sand und noch mehr Sand: Im fünften Teil seiner ikonischen Endzeitreihe beleuchtet George Miller die Vorgeschichte der im letzten Kapitel eingeführten Überlebenskämpferin Furiosa. Wahnwitzige Actionchoreografien treffen hier auf ein bisschen mehr Inhalt. Doch irgendetwas fehlt.

Furiosa: A Mad Max Saga (2024)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Unverwüstlich in der Wüste

Die atmosphärischen Qualitäten eines Wüstensettings beschwor Anfang 2024 schon Denis Villeneuve mit seinem Science-Fiction-Epos „Dune: Part Two“. Unendliche Weite und Sand, der in fast surrealen Orangetönen erstrahlt, lieferten so manche imposante Leinwandimpression. Ganz ähnlich nähert sich George Miller dem menschenfeindlichen Ödland, das den Hintergrund für seine ikonische Endzeitreihe um Max Rockatansky bildet. Der erste Teil, schlicht „Mad Max“ betitelt, kam 1979 in die Kinos. Vor allem „Mad Max II – Der Vollstrecker“ avancierte dann zu einem Klassiker des postapokalyptischen Erzählens. Schräge Kostüme und kurios hochgetunte Fahrzeuge, wie sie der Film präsentiert, beeinflussten nachhaltig die Ästhetik späterer Genrewerke und unsere Vorstellungen vom Leben nach dem Zusammenbruch der Zivilisation. 2015, satte 30 Jahre nach dem dritten Kapitel „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“, brachte Miller mit „Mad Max: Fury Road „ein neues Abenteuer an den Start, das auf einhellige Zustimmung stieß. Eine irre Actionshow, die erstmals eine starke weibliche Perspektive in das Franchise einbrachte.

Eben dieser geht der Reihenschöpfer nun in Furiosa: A Mad Max Saga auf den Grund, einem Prequel, das ohne Max auskommt. War Furiosa schon im Vorgänger treibende Kraft und spannendste Figur, dreht sich nun alles um ihre persönliche Geschichte, ihren Weg vom kleinen Mädchen zur unverwüstlichen Überlebenskämpferin. Den Staffelstab von Charlize Theron, die ihre Furiosa-Rolle mit Verve verkörperte, übernimmt Shooting-Star Anya Taylor-Joy und beweist einmal mehr, warum sie in Hollywood seit einigen Jahren hohes Ansehen genießt.

Bevor die gefeierte Britin allerdings die Leinwand betritt, bekleidet Kinderdarstellerin Alyla Browne den Part der Titelheldin in jungen Jahren. Furiosa: A Mad Max Saga setzt ein, kurz nachdem die Welt aus den Fugen geraten und die gesellschaftliche Ordnung kollabiert ist. Inmitten eines verheerten Australiens befindet sich eine Oase, in der man tatsächlich noch Früchte von herrlich blühenden Bäumen pflücken kann. Furiosa ist hier zu Hause, wird jedoch gleich in den ersten Minuten von Mitgliedern eine wilden Bikerhorde entführt. Ihre Mutter (Charlee Fraser) heftet sich zwar an die Fersen der Kidnapper und bringt es fertig, ihre Tochter zu befreien, wird dann aber auf Weisung von Bandenführer Dementus (Chris Hemsworth) brutal ermordet. Ein schockierendes Ereignis, das die kleine Furiosa – natürlich – prägen wird. 

Mit den Motorradbarbaren gelangt sie kurz darauf in die schon aus Mad Max: Fury Road bekannte Zitadelle, wo Immortan Joe (Lachy Hulme ersetzt den inzwischen verstorbenen Hugh Keays-Byrne) ein Schreckensregiment führt. Dementus will den Tyrannen mit der gruseligen Atemmaske heraufordern, merkt allerdings schnell, dass er nicht die besten Karten hat, und muss sich schließlich mit einem Deal zufriedengeben. Furiosa geht dabei in die Obhut Immortan Joes über und droht, zu einer Gebärmaschine in seinem Harem zu werden. Dank einer List kann sie sich diesem Schicksal aber entziehen. Jahre später wittert sie (nun gespielt von Anya Taylor-Joy), mittlerweile zu einer jungen Frau herangewachsen, ihre Chance, der Zitadelle zu entkommen und sich für den Tod ihrer Mutter zu rächen.

Bestand Mad Max: Fury Road im Grunde aus einer einzigen, zeitlich beschränkten, fast nie zur Ruhe kommenden Verfolgungsjagd durch die Wüste, setzt das Prequel eher auf epische Breite. Der Film umspannt mehrere Jahre, beschreitet einige Seitenwege, hat inhaltlich ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen als der in diesem Punkt dünne Vorgänger. Interessant und überraschend ist beispielsweise, wie Regisseur und Ko-Drehbuchautor Miller den Showdown arrangiert. Statt die ganz großen Geschütze aufzufahren, bleibt der Rahmen eher klein, persönlich, richtet sich der Fokus auf die Protagonistin und ihre „Reise“.

Anya Taylor-Joy, die erst nach rund einer Stunde zu sehen ist, überzeugt mit magnetischer Präsenz, setzt die Ausdruckskraft ihrer markanten Augen geschickt ein und steht ihrer Wegbereiterin Charlize Theron in den Actionpassagen in nichts nach. An ihrer Darbietung liegt es keineswegs, dass Furiosas Geschichte weniger mitreißt, als sie es eigentlich sollte. Obwohl es einige Verschnaufpausen gibt, zwischen der Titelheldin und dem Tankwagenfahrer Praetorian Jack (Tom Burke) eine ungeahnte Nähe entsteht, wirkt ihr Entwicklungsbogen nicht ganz ausgereift. Das als Origin-Story konzipierte Prequel holt aus den traumatischen Erfahrungen, der erlebten Unterdrückung nicht alles an emotionaler Wucht heraus – was auch das Finale trotz einer herrlich fiesen, dem Patriarchat den Mittelfinger zeigenden Pointe abschwächt.

Wer nur auf eine große Spektakelsause aus ist, dürfte das Kino zufrieden verlassen. Selbst im fortgeschrittenen Alter hat George Miller nämlich das Gespür für kinetischen Wahnsinn nicht verloren, entfacht mit seinen Actionchoreografien eine enorme Energie, wenngleich Furiosa: A Mad Max Saga ab und an stärker auf digitale Tricks zurückgreift als Mad Max: Fury Road. Vom CGI-Brei mancher Superheldenfilme sind wir allerdings ein gutes Stück entfernt. Viele Stunts kommen dann doch erfreulich haptisch daher. Verlässlich bizarr sind überdies die aufgemotzten Kraftwagen und die Kostümierungen zahlreicher abgebrannter Figuren. Chris Hemsworth etwa, der sichtlich Spaß an seiner durchgeknallten Rolle hat, wirkt mit weißem Umhang, langem Rauschebart und einem an sein Gewand gehefteten Plüschteddy wie eine Mischung aus Sektenführer und Rasputin. Noch dazu scheint sich Dementus für einen römischen Feldherrn zu halten. Warum sonst düst er in einem von mehreren Motorrädern gezogenen Streitwagen durch die Gegend?

Maskerade, Szenenbild, Krawallmomente – Furiosa: A Mad Max Saga füllt seine rund zweieinhalbstündige Laufzeit mit vielen unterhaltsamen Details. Den vertrauten Endzeitrahmen hätte der Film dennoch deutlich häufiger transzendieren müssen, um wirklich „das beste Prequel aller Zeiten“ zu werden, wie es Die Welt im Überschwang proklamiert.

Furiosa: A Mad Max Saga (2024)

Als die Welt untergeht, wird die junge Furiosa vom Grünen Ort der vielen Mütter entführt und fällt in die Hände einer großen Bikerhorde unter der Führung des Warlords Dementus. Bei ihrem Streifzug durch das Ödland stoßen sie auf die Zitadelle, die vom Immortan Joe beherrscht wird. Während die beiden Tyrannen um die Vorherrschaft kämpfen, muss Furiosa viele Prüfungen überstehen und Pläne schmieden, um ihren Weg nach Hause zu finden.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen